Mehr als Empathie – Active Constructive Responding (ACR)

Mein Mitarbeiter berichtet mir als Führungskraft von einem Erlebnis. Wie kann ich mich als Führungskraft in meiner Kommunikation so verhalten, dass die positiven Reaktionen auf dieses Erlebnis gefördert werden?
ACR (Active Constructive Responding) wurde von Prof. Shelly Gable und ihrem Team an der University of California, Santa Barbara, entwickelt, um positive Reaktionen auf miteinander geteilte Erlebnisse zu fördern. Langfristig bietet ACR damit die Chance, das Wachstum von gegenseitigem Vertrauen, Motivation und Teamgeist zu fördern.

Was bedeutet ACR konkret?

Gable skizziert vier Reaktionsformen, mit denen ich auf einen Bericht einer Mitarbeiterin reagieren kann:

  • Aktiv-destruktiv: Negativ, Kritik, Problemfokus, Abwertung
  • Passiv-destruktiv: Negativ, Ignorieren, Themenwechsel, Desinteresse
  • Passiv-konstruktiv: Positiv, Zustimmung, aber wenig emotionale Beteiligung
  • Aktiv-konstruktiv: Positiv, Mitfreude, offene Fragen, Blickkontakt, echtes Interesse
ACR Darstellung Loquenz - Mehr als Empathie – Active Constructive Responding (ACR)

Am Beispiel eines Feedbackgesprächs lässt sich ACR konkretisieren. In der Einleitung des Feedbackgesprächs geht die Führungskraft wertschätzend auf das beobachtbare Verhalten ein, z. B.: „Anna, ich möchte dir wirklich ein großes Kompliment für deine Arbeit am Projekt X machen. Du hast nicht nur die Deadline eingehalten, sondern auch die Abstimmung mit den anderen Abteilungen hervorragend gemeistert.“ Wenn möglich, hebt die Führungskraft besondere Situationen gesondert hervor: „Was mich besonders beeindruckt hat, war, wie du in der letzten Woche die Präsentation spontan angepasst hast, nachdem sich die Anforderungen geändert hatten – das zeigt, wie flexibel und lösungsorientiert du arbeitest.“


Nach dieser Beschreibung wird die Mitarbeiterin aufgefordert, den Erfolg vertieft zu beschreiben: „Ich würde gerne mehr darüber erfahren, wie du es geschafft hast, das Team so gut zu koordinieren. Was hat für dich besonders gut funktioniert?“ Und natürlich fragt die Führungskraft bei Annas Beschreibung vertiefend nach: „Wow, und was waren noch Details, die wichtig waren, um alle so gut zu koordinieren?“
Den Abschluss kann dann die Option bieten, dass Anna ihre Key Learnings in einem größeren Rahmen vorstellt, in dem nochmals vertiefende Nachfragen möglich sind: „Ich denke, wir können aus deinem Vorgehen viel lernen – vielleicht magst du beim nächsten Teammeeting kurz erzählen, wie du das Projekt strukturiert hast? Das wäre eine tolle Inspiration für andere.“

Der Vollständigkeit halber seien auch die drei anderen Reaktionsweisen kurz angedeutet:
• Aktiv-destruktiv: „Projekt X hat ja wider Erwarten geklappt. Warum war das bei Projekt Y nicht möglich?“
• Passiv-destruktiv: „Projekt X hat ja wider Erwarten geklappt. Wie ist der Stand bei Projekt Z?“
• Passiv-konstruktiv: „Projekt X hat geklappt. Glückwunsch.“

Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen die Wirksamkeit von Active Constructive Responding (ACR)

Die ersten Studien zu ACR fanden mit Studierenden oder Paaren in Liebesbeziehungen statt (Gable u. a., 2004 und 2006) mit eindeutig positiven Effekten für die Qualität der Beziehungen. Diese Verstärkung positiver Emotionen ist nicht nur ein kurzfristiger Effekt, sondern auch langfristig erhöht sich die Beziehungszufriedenheit der Probanden. Wird ACR regelmäßig erlebt, entwickelt sich in den Beziehungen mehr Vertrauen und Offenheit – auch über längere Zeiträume hinweg.


2025 wurde im militärischen Kontext gezeigt, dass ACR über Monate hinweg die emotionale Bindung und Stressbewältigung stärkt.
Studien in Unternehmen zeigen, dass sich die Feedbackkultur verbessert, die Mitarbeiterbindung erhöht und die Teamleistung steigt. ACR findet deshalb besonders in Mentoring-Programmen und in der Führungskräfteentwicklung als nachhaltiges Kommunikationsinstrument seinen Platz.
Weitere Studien finden sich zu folgenden Themen:

ACR fördert Empathie, Selbstwert und Beziehungsqualität im Coaching und verbessert die Feedbackkultur https://centaur.reading.ac.uk/81945/1/Passmore%20%20Oades%20%282014%29.%20Positive%20Psychology%20Active%20Constructive%20Responding.pdf

ACR stärkt Teamzusammenhalt, Vertrauen und Motivation https://www.positive-leadership-coach.com/blog/elevating-feedback-in-business-the-power-of-active-constructive-responding

ACR verbessert Engagement, Vertrauen und Teamkultur https://xeniumhr.com/blog/video/active-constructive-response-workplace-relationships/

ACR stärkt die Kommunikation und das Vertrauen im Team https://www.eudaimonic.at/perma/r/active-constructive-responding/

ACR im Unternehmen

ACR fördert eine offene Kommunikation und die Mitfreude am Erreichten. Es eignet sich immer dann, wenn es um die persönliche Weiterentwicklung von Mitarbeitenden geht. Häufig teilen Mitarbeitende mit ihrer Führungskraft Erlebtes unerwartet oder z. B. in kurzen Gesprächen an der Kaffeemaschine. Als Führungskraft bin ich dann aufgefordert, darauf zu achten, möglichst häufig aktiv-konstruktiv auf die Schilderung meines Mitarbeiters zu reagieren.


Doch Achtung: ACR ist kontextabhängig und nicht immer als Reaktionsweise geeignet. Manchmal möchten Mitarbeitende einfach das Erlebte mit ihrer Vorgesetzten teilen, ohne sofort über Entwicklungsoptionen zu reflektieren. Manchmal geht es einfach nur darum, die emotionale Bewertung des Erlebten auszusprechen. In solchen Situationen ist empathisches Zuhören eher die geeignete Form der Kommunikation.
Und wie immer beim Einsatz von Kommunikationstechniken sollte man darauf achten, sie nicht einfach nur mechanisch anzuwenden. Hintergrund solcher Techniken sollte immer das wirkliche Interesse der Führungskraft am Mitarbeitenden sein!

Als Führungskraft mit ACR-Erfahrungen sammeln

Möchte ich als Führungskraft ACR stärker in mein alltägliches Kommunikationsverhalten integrieren, bietet es sich an, ein „ACR-Tagebuch“ zu führen. Nehme ich mir z. B. am Ende meines Arbeitstages nur drei Minuten Zeit, meinen Führungsalltag im Hinblick auf Situationen zu reflektieren, bei denen ich mich in meinem Verhalten an den Grundsätzen des ACR orientiert habe, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ich im Laufe einiger Wochen ACR als einen organischen Anteil meines Kommunikationsverhaltens anwende. Frei nach dem Slogan: „Energy flows where attention goes.“ – die Energie folgt der Aufmerksamkeit.

Literaturhinweise
Gable u. a., 2004: https://doi.org/10.1037/0022-3514.87.2.228
Gable u. a., 2006: https://doi.org/10.1037/0022-3514.91.5.904

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