„Change is about changing people, not organisations.“ (S. IXX). Mit diesem Zitat von Julia Balogun unterstreicht Gerhild Deutinger den Fokus ihres Verständnisses von Veränderungsmanagement: Es geht um die Einstellungen in der Belegschaft!
Mit „Kommunikation im Change: Erfolgreich kommunizieren in Veränderungsprozessen“ will die Autorin (selbstständige Beraterin in Wien) ihren Beitrag dazu leisten. Neben den ausführlichen Grundlagen in Teil I werden diese Grundlagen anhand von sechs Praxisbeispielen im Teil II auf knapp 50 Seiten illustriert. Wie häufig sind auch hier die Praxisbei-spiele eine Fundgrube an Details – auch für erfahrene Veränderungsmanager/-innen. Doch zurück zu den 110 Seiten Grundlagen zum Thema Veränderungsmanagement. Deutinger stellt hier an sich selbst den Anspruch theoretisches Rüstzeug, Good Practices und Erfahrungswissen für die Change Kommunikation bereitzustellen.
Interessant ist v.a. das Ende des ersten Kapitels. In diesem geht sie der Frage nach, was Change Kommunikation eigentlich ist und was sie ausmacht. Nicht überraschend: „Veränderungskommunikation ist die geplante, organisierte und strukturierte Kommunikation während eines Veränderungsprozesses.“ (S. 3). Wichtig: Es geht dabei um die weichen Faktoren, um Gefühle von Angst, Unsicherheit, Wut, Langeweile, Hoffnung, Begeisterung… Wie kann ich mit diesen verantwortungsvoll umgehen und diese gegebenenfalls kanalisieren? Diese Ansprüche an die Veränderungskommunikation stellt die Autorin m.E. auch an die Personen, die diese Change Kommunikation aktiv gestalten sollen. Hier empfiehlt sie, dass es nicht ausreicht über das entsprechende Fachwissen und den Erfahrungshintergrund zu verfügen, sondern es geht auch darum selbst die Fähigkeit zu besitzen, Emotionen in der Belegschaft wahrzunehmen und damit gut umgehen zu können.
Was Deutinger gut gelingt, ist die Vielfalt der Medien und Methoden der Veränderungs-kommunikation auf 24 Seiten einzufangen. Von papier- über onlinegestützte Kommunikation bis hin zu den live-Situationen; von der Informationsvermittlung bis zur Partizipation. Eine Fundgrube für den raschen Überblick und v.a. der Bereich Optionen des Web 2.0 ist relativ breit aufgearbeitet – was wenigen Autoren im Bereich Change Management und Change Kommunikation gelingt!
Im Bereich der Emotionen im Change und deren kommunikativer Bewältigung referenziert die Autorin vertraute Modelle wie z.B. Verhalten bei Bedrohung oder Trauerkurve. Hier könnte ich mir vorstellen, dass z.B. die Ideen aus der lösungsfokussierten Arbeit von Steve De Shazer und Insoo Kim Berg weitere Anregungen liefern. Die Kapitel über Stakeholder und typische Kommunikationsverläufe wirken selbstverständlich – werden aber meiner Erfahrung nach in der Konzeptionsphase von Change Projekten häufig nicht ausreichend berücksichtigt, sodass sie im laufenden Prozesse nachgebessert werden müssen. Diese vermeidbare Irritation in Veränderungsprojekten kann durch eine gute Planung deutlich reduziert werden.
Die reichhaltige Erfahrung der Autorin spricht aus den Kapiteln über den Faktor Zeit und die Elemente der Change Kommunikation. Auch wenn aufgrund der begrenzten Seitenzahl die Darstellung knapp bleiben muss, lohnt sich die Lektüre.
Nach den Praxisbeispielen wird das Buch mit einem kleinen Anhang abgeschlossen, der einen kurzen Selbsttest für Change Kommunikationsmanager/-innen und Anregungen und Tipps in Form von FAQs beinhaltet. Hier war ich über die Kürze etwas enttäuscht – aber vielleicht entwickelt die Autorin diesen Anhang ja noch auf ihrer Website weiter?
Für mich bietet das Buch einen guten Einstieg ins Thema. Für Leser, die einzelnen Themen intensiver nachgehen wollen, bietet die Autorin am Ende eines jeden Kapitels eine reich-haltige vertiefende Literaturauswahl; insofern wird der manchmal knappe Darstellungsstil ausreichend abgerundet.
Fazit: lesenswert!