Home-Office bedeutet vor allem eine Flexibilisierung des Arbeitsortes. Dies hat für die Arbeitnehmer den Vorteil, dass der Anfahrtsweg zur Arbeit entfällt. Außerdem können während des Tages stattfindende private Termine ohne die Inkaufnahme von zusätzlichen Reisezeiten zwischen Wohn- und Arbeitsort wahrgenommen werden.
Home-Office = Flexibilisierung: nicht nur bezüglich des Orts, sondern auch bezüglich der Arbeitszeit
Zusätzlich bietet Home-Office dadurch die Möglichkeit, individuelle Arbeitszeiten in Absprache mit meinem Arbeitgeber flexibler zu planen. Folglich wird der Rückenkurs am späten Vormittag möglich, die private Verabredung am Nachmittag ebenfalls. Immer unter der Voraussetzung, dass das Soll bezüglich der Arbeitszeit im Laufe des Tages vom Arbeitnehmer geleistet wird.
Diese Flexibilisierung kann einerseits als Chance begriffen werden, birgt andererseits jedoch auch Gefahren, wenn mit ihren Chancen nicht angemessen umgegangen wird. Flexibilisierung kann dann sehr leicht in Entgrenzung umschlagen. Entgrenzung was den Ort des Arbeitens und die fehlende gute Trennung zwischen Privat- und Arbeitsleben angeht. Aber auch Entgrenzung bezüglich der Arbeitszeiten. Im Homeoffice kann sich leicht die Tendenz entwickeln, fast rund um die Uhr zur Verfügung zu stehen.
Entgrenzung und ihre Folgen
Die politische Reaktion auf die Problematik der Entgrenzung zeigt sich zum Teil im Ruf nach höherer Regelungsdichte, Anpassung des Arbeitszeitgesetzes sowie nach Unterbindung der Kommunikation außerhalb der üblichen Büroarbeitszeiten. Meines Erachtens droht hier die Gefahr, das Pferd vom falschen Ende her aufzuzäumen. Was es dringend braucht und zu fördern gilt, ist der direkte Austausch im Team und mit den Vorgesetzten! Ich glaube, es sollte uns gelingen, reif und chancenorientiert mit dem Flexibilitätspotenzial umzugehen, das uns die moderne Technik bietet. Die Drohkulisse der Entgrenzung verweist auf das eigentliche Wachstumspotenzial im Sinne der Selbststeuerung und flexiblen Aushandlung von Kommunikationsabläufen. Wenn diese transparent und bezüglich der oft sehr unterschiedlichen Interessenslage wohl austariert sind, dann entstehen win-win-win-Situationen.
Was liegt hinter dem Thema Entgrenzung?
Die eigentliche Wachstums- und Entwicklungsaufgabe besteht in dem Reifegrad, mit dem wir unsere persönlichen Interessen im Kontext der betrieblichen Aufgabe einbringen und offen und transparent besprechbar und damit auch gestaltbar machen. Hierzu gehört natürlich die persönliche Reife des Mitarbeiters, über die eigenen Interessen bewusst zu sein und diese immer in Relation zu den Interessen anderer und des Betriebes bzw. der Wertschöpfung im Kontext des Kundeninteresses zu sehen. Und genauso die Kompetenz der Führungskraft, nicht nur die betrieblichen Interessen im Fokus zu haben, sondern genauso aufmerksam auf die vorhandenen individuellen Interessenslagen zu achten, diese wahrzunehmen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen, die sich für alle als stimmig entfalten.
Vielleicht ist das ein wesentliches Element, das beim Thema New Work mitschwingt und sich bislang noch hinter der Optik der transparenten, modernen Arbeitswelten als Hintergrundthema verbirgt. Ich bin gespannt!