Schenken macht tatsächlich glücklich!
Homo oeconomicus: Schenken ist sinnlos
Betrachtet man Schenken unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten, dann ist Schenken sinnlos. Man könnte denken: Schenken kostet nur und bringt nichts ein. Zumindest unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Da ist Schenken ein klares Verlustgeschäft!
Wer selbstlos schenkt, wird selbst glücklich
Entscheidend beim Schenken, damit es seine beglückende Wirkung entfalten kann, ist die Absicht, jemand glücklich machen zu wollen. Schenken sollte aus vollem Herzen, ohne Hintergedanken stattfinden, dann kann es seine beglückende Wirkung entfalten.
Vergessen wir die Erwartung, dass sich der Beschenkte über unser Geschenk freuen könnte. Spannend am Schenken ist, dass es seine beglückende Wirkung uns unabhängig vom Beschenkten entfalten kann.
Schenken macht bereits mit den Vorbereitungen des Schenkens glücklich!
Erstaunlich ist das Phänomen, dass wir als Schenkende glücklich werden! Und dafür braucht es nicht den Moment der konkreten Geschenkübergabe, sondern es wirkt bereits unser Denken im Zeitraum der Vorbereitungen.
Es geht sogar soweit, dass sich die eigenen Probleme relativieren, wenn man anderen Menschen etwas schenkt. Das Glücksgefühl entsteht durch die Wahrnehmung, dass man in dem guten Gefühl, etwas wirklich Sinnvolles zu tun, lebt. Es gibt sogar einen Fachbegriff zu diesem Glücksgefühl: „‚warm-glow“.
Generöses Verhalten ist mit Glücksgefühlen auf der Ebene des Gehirns verknüpft
„Generöses Verhalten scheint demnach im Gehirn mit Glücksgefühlen verknüpft und somit möglicherweise angetrieben zu werden. Das Ergebnis dieser Studie hat eine weitreichende Implikation für die Gesellschaft, da die Großzügigkeit Glücksgefühle hervorruft und somit aktiv genutzt werden könnte, um persönliche Glücksgefühle zu fördern.“
Ein internationales Forscherteam um So Young Park (ehemals Universität Lübeck, jetzt Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke) hat dazu ein aufschlussreiches Experiment durchgeführt. Sie hatten an Probanden Geld (ca. 22 Euro) verschenkt, mit einer kleinen Auflage. Die Hälfte der Probanden musste versprechen, das Geld für andere Menschen auszugeben, die andere Hälfte sollte das Geld ausschließlich für sich selbst ausgeben. Bevor die Probanden das Geld wirklich bekommen hatten, wurden sie noch einem Interview unterzogen, bei der sie Entscheidungen fällen sollten, die auch mit Großzügigkeit zu tun hatten. Die Hirnaktivitäten der Probanden wurden mit einem fMRT-Gerät (funktionelle Magnetresonanztomographie) untersucht.
Großzügigkeit fördert Glücksempfinden
Das Phänomen: Probanden, die das versprochene Geld für andere ausgeben sollten, haben die großzügigeren Entscheidungen getroffen und waren glücklicher als die Teilnehmer der Kontrollgruppe, die das Geld für sich ausgeben konnten. Fazit der Forscher: es scheint einen Zusammenhang zwischen großzügigem Verhalten und Glücksgefühlen zu geben. Diesen Mechanismus kann man sogar im Gehirn beobachten.
Der Tipp der Forschergruppe: man kann durch Schenken die persönlichen Glücksgefühle fördern. (Originalpublikation: Soyoung Q. Park, Thorsten Kahnt, Azade Dogan, Sabrina Strang, Ernst Fehr & Philippe N. Tobler: A neural link between generosity and happiness. Nature Communications 8, Article number: 15964 (2017). doi:10.1038/ncomms15964).
Freude darüber, Gutes zu tun, nutzt sich nicht ab
Wahrscheinlich kennt das jeder. Wenn wir ein bestimmtes freudiges Ereignis mehrfach erleben, wird das empfundene Glück bei jeder Wiederholung ein wenig kleiner, auch hedonistische Adaption genannt. Dies gilt jedoch nicht für das Schenken. Anderen Menschen Geschenke zu machen, scheint vom Gewöhnungseffekt ausgeschlossen zu sein, auch dazu gibt es ein interessantes Experiment:
„In einem Experiment teilten die Forscher die 96 Teilnehmenden in zwei Gruppen ein. Jede Testperson bekam auf fünf aufeinanderfolgenden Tagen jeweils fünf Dollar, die jeden Tag für genau das gleiche ausgegeben werden mussten. Die erste Gruppe wurde angewiesen, das Geld für sich zu verwenden, die zweite Gruppe spendete ihren Betrag – beispielsweise online an Stiftungen oder als Trinkgeld in immer demselben Café. Am Ende des Tages berichteten die Teilnehmenden über ihre Erfahrungen, ihre allgemeine Zufriedenheit und ihr Glücksempfinden.
Dabei zeichnete sich ein klares Muster ab: Diejenigen, die das Geld für sich ausgaben, hatten daran jeden Tag weniger Freude. Im Gegensatz dazu war der Effekt bei den Spendenden auch nach fünf Tagen genauso groß wie am Anfang des Experiments.
Bei einem zweiten Experiment wurden 502 Teilnehmende aufgefordert, zehn Runden eines Online-Spiels zu spielen. Bei jedem gewonnenen Puzzle bekamen sie fünf Cent, die sie entweder spendeten oder für sich behielten. Anschließend gaben sie an, wie sehr sie der Gewinn freute. Auch hier zeigte sich, dass die Freude über den Gewinn bei denen, die ihn spendeten, deutlich länger anhielt als bei denen, die das Geld behielten.“
Schenken stillt ein Ur-Bedürfnis
Wie erklärt sich die Wirkung des Schenkens aus psychologischer Sicht? Schenken scheint unser Ur-Bedürfnis nach Verbindung zu befriedigen. „Wir schenken gern, sind großzügig, nicht nur, aber eben auch, weil wir ein Ur-Bedürfnis stillen und verbunden sein wollen“ (Gerald Hüther). Vielleicht auch, weil wir letztendlich wissen, dass aller Besitz nur geliehen ist.
Paul Heyse (1830 – 1914) (eigentlich Paul Johann Ludwig von Heyse, deutscher Romanist, Novellist und Übersetzer, Nobelpreisträger für Literatur 1910) hat das einmal sehr direkt formuliert: „Sei zum Geben stets bereit, miss nicht kläglich deine Gaben, denk, in deinem letzten Kleid, wirst du keine Taschen haben.“
In diesem Sinne: viel Glück, bei der Auswahl der Geschenke und Beschenkten!