Auf den ersten Blick hört sich der Untertitel: „Wege zu einem erfolgreichen und erfüllten Berufs- und Arbeitsleben“ des 2009 erschienen Buches von Günter F. Müller und Walter Braun im Huber Verlag an wie viele Tippgeber und kochrezeptartigen Veröffentlichungen, die dann doch bei Allgemeinplätzen stehen bleiben. Von diesem Titel „Selbstführung“ wird der Leser jedoch positiv überrascht. Selbstführung – ein etwas sperriger aber exakt treffender Titel für ein Thema, das mir im Executive-Coaching zurzeit sehr häufig begegnet. Es ist die Fragestellung: wie bleibe ich oder besser gesagt führe ich mich selbst, trotz all ́ den
unterschiedlichen und z.T. auch widersprüchlichen Anforderungen an mich als Manager, in meiner Mitte. I.d.R. finden wir Tipps zu dieser Fragestellung unter den Stichwörtern Selbstmanagement oder auch Zeitmanagement und Arbeitstechniken. Was hebt diesen Titel aber von den vielen anderen ab?
Auf wissenschaftlich fundiertem Niveau (Prof. Müller ist Psychologe an der Universität Landau) geben die Autoren einen Überblick über Konzepte zur Selbstführung und vor allem über Strategien und Anwendungsmöglichkeiten. Beeindruckt hat mich hier insbesondere, dass nicht nur die Anwendungsmöglichkeiten im Sinne von Selbstmanagement Thema sind, sondern auch auf die Konsequenzen im Bereich der Organisation, Führungskultur und Unternehmensstruktur eingegangen wird. Hier kommt die langjährige Praxis von Walter Braun in der Unternehmensberatung zur Geltung. Eine To do – Liste für mehr Selbstführung rundet diesen lesenswerten Band ab.
Ergänzt wird dieser Titel durch ein zeitnah nachgereichtes zweites Werk: Praxisfeld Selbstführung. Walter Braun und Günter F. Müller, Huber Verlag 2009. Hier werden die Autoren konkreter. Sozusagen auf der Alltagsebene breiten Sie Ihre Werkzeuge aus, mit Hilfe derer der Leser seine eigenen Ressourcen aktivieren kann.
Der Untertitel: „Der Werk- und Denkzeugkasten für den Einsatz persönlicher Ressourcen“ umschreibt diesen Anspruch, den die Autoren sehr gelungen einlösen.
Bevor z.B. in verschiedene Entspannungsmethoden sehr pragmatisch eingeführt wird, steht die Entspannungspraxis des Lesers im Vordergrund. Aufbauend auf der eigenen Erfahrung mit Entspannung im Alltag anhand eines kurzen Arbeitsblattes und sensibilisiert auf den eigenen Reaktionstypus auf Belastung durch eine kurze Selbstanalyse wird dann gezielt in Entspannungstechniken auf der motorischen, der vegetativen und der kognitiven Ebene eingeführt.
Der Leser wird also Schritt für Schritt an der Hand genommen:
1. Erfahrung des Lesers im Alltag
2. Kurze Selbstanalyse
3. Praxisvorschläge
Und was die Chance auf den Transfer in den individuellen Arbeitsalltag erhöht:
4. jedes Kapitel endet mit Transfervorschlägen für den Alltag
Natürlich lässt sich auch bei diesem Titel das „Haar in der Suppe“ finden. Die Autoren sind z.B. weit davon entfernt, einen vollständigen Überblick über die Praxis der Selbstführung zu bieten. Doch gilt es hier die Zielsetzung des Bandes im Blick zu behalten. Es geht um einen Werk- und Denkzeugkasten. Diesen Anspruch lösen sie mustergültig ein. Dass ich nach der Lektüre die Aufgabe habe, meinen für mich selbst passenden Werk- und Denkzeugkastenzusammenzustellen, diese Aufgabe erledigen Braun und Müller leider nicht für mich. Hier istder einzige Experte gefragt – der Leser selbst!
Ich wünsche beiden Bänden zahlreiche Leser und vor allem Umsetzer. Das Hintergrundwissen und die Checklisten zur Selbstanalyse liegen bereit. Gefordert sind jetzt Sie!