Der Autor und Inhaber einer Digitalagentur hat es in Australien am eigenen Leib erfahren: „Die Aussies sind auf der Arbeit weitaus lockerer und menschlicher als wir. (…) Die Menschen dort leben nicht für die Arbeit, sondern arbeiten, um zu leben.“ (S. 21). Für ihn geht ist das Ziel klar: Mehr freie Zeit und mehr Geld!
Mehr freie Zeit und mehr Geld!
Auf den ersten Blick hört sich die Idee unrealistisch an. Wir sind gewohnt in Geld oder Freizeit zu denken. Der Autor ist von der Grundidee beseelt, dass weniger und gut fokussierte Arbeitszeit die Chance auf eine Effizienz- und Effektivitätssteigerung beinhaltet, die die fehlende Arbeitszeit kompensiert. Kein leichtes Unterfangen, da es hier immerhin um eine Steigerung im Verhältnis zur eingesetzten Arbeitszeit von 40% geht.
5 Stunden-Arbeitstag – Arbeitszeit konzentriert und konsequent nutzen
Die Erfahrung für Rheingans: Der 5 Stunden-Arbeitstag ist nur möglich, wenn diese fünf Stunden auch wirklich konsequent genutzt werden. Mich haben die Umsetzungserfahrungen dabei an klassische Erkenntnisse aus dem Zeit- und Selbstmanagement erinnert – was den Verdienst des Buches keinesfalls schmälern soll. Klar fokussierte Arbeitszeiten, effiziente und zügige Besprechungen, Ablenkungen vermeiden und Socializing im Anschluss an den Arbeitstag, so könnte man die wesentlichen Umsetzungserfahrungen zusammenfassen. Auf zwei Seiten sind die Erfahrungen in der Mitte des Buches im Überblick dargestellt (S. 140 – 141).
Paradigmenwechsel und Sprung ins Neue
Wie geht man solch einen radikalen Wechsel im Arbeitszeitmodell an? Der Autor hat es mit einem Paradigmenwechsel angepackt. Als Inhaber ist er in der Position, dieses Wechsel top-down initiieren zu können. Dabei ist es wichtig, die Begründung für ein solch noch wenig vertrautes Arbeitszeitmodell nachvollziehbar zu gestalten. Hier finden Interessierte zahlreiche Anregungen und Erfahrungen anderer Arbeitszeitpioniere im Buch. Auch seine persönliche „Anlaufstrecke“ bis hin zur Umstellung schildert Rheingans einladend und nachvollziehbar.
Nicht das Arbeitszeitmodell an sich ist entscheidend, sondern das dahinter liegende Ziel
Als, in Folge der Umstellung auf den 5 Stunden-Arbeitstag, die mediale Aufmerksamkeit auf die Agentur anwächst und das konzentrierte Arbeiten zusehends torpediert, rückt das Ziel des 5 Stunden-Arbeitstages wieder stärker in den Vordergrund. Es geht um die Frage, wie wir mit deutlich reduzierter Arbeitszeit unsere Ergebnisse optimieren und viel Zeit für unsere sonstigen Aktivitäten (Freizeit, Familie, Hobbies, Weiterbildung, bürgerschaftliches Engagement…) investieren können. Es ist eine Frage der Grundhaltung, beides zu wollen und sich nicht zwischen dem einen oder dem anderen entscheiden zu müssen.
Unternehmenskultur entscheidet
Der Autor macht deutlich, dass solch ein radikaler Wechsel auch einen Wechsel in der Unternehmens- und Arbeitskultur erfordert. Er empfiehlt die agile Organisation und agiles Arbeiten als Lösung. Sein Motto: „Wir setzen auf Moderation statt Expertentum, Kooperation statt Kontrolle und Kompetenz statt Hierarchie.“ (S. 191).
Das Buch nimmt den Leser gut nachvollziehbar mit auf die persönliche Lernreise des Autors. Manchmal vielleicht etwas zu episch und in Bezug auf die entstandene Medienpräsenz auch etwas zu selbstverliebt. Wer trotzdem dran bleibt und den angesprochenen Ideen auf den Grund gehen will, der findet mit diesem Erfahrungsbericht zahlreiche und wertvolle Anregungen für die eigene unternehmerische Tätigkeit und die Gestaltung der Arbeitsbedingungen im eigenen Betrieb.