Im Grunde gut: Eine neue Geschichte der Menschheit von Rutger Bregman (2021)

Gutsein kann anstecken!

Schaue ich die Nachrichten an, ist das Urteil klar: Der Mensch an sich ist schlecht. Ohne Menschen gäbe es keine Kriege, Ungerechtigkeiten und Gewalt bis hin zur Erderwärmung. Der Mensch ist sogar in der Lage, die eigene Lebensgrundlagen zu vernichten und wird dies auch tun, da die Weitsicht fehlt.

Rutger Bregman stellt in seiner neuen Geschichte der Menschheit die andere Seite des Menschen dar. Seine These: Der Mensch ist im Grunde gut! Gutsein ist ein Antrieb, der den Menschen im Innersten ausmacht. Klar ist es natürlich, dass es immer wieder einzelne Ausnahmen gibt oder die Rahmenbedingungen nicht gerade dazu einladen, das Gute im Inneren auch in die Realität zu bringen. Doch seine Aufarbeitung bekannter Experimente zeigt, eigentlich ist der Mensch im Grunde gut.

Mich hat es bei der Lektüre überrascht, wie übliche Überzeugung doch anders ausfallen, wenn man sich exakt mit ihnen beschäftigt. Ausführlich beschreibt der Autor, dass es immer wieder Soldaten gibt, die im Krieg nicht bereit sind, den Gegner zu erschießen (vgl. Colonel Marshall). Faszinierend war für mich auch die Darstellung, dass die Kultur auf der Osterinsel eben doch nicht aus Gedankenlosigkeit zugrunde ging, sondern aufgrund äußerer Einflüsse!

Erschreckend fand ich die detaillierte Darstellung des Wirkungsmechanismus solch´ bekannter Experimente wie von Stanley Milgram oder an der Stanford-Universität. Anscheinend haben die Untersucher entscheidenden Einfluss auf die Probanden ausgeübt, damit sie wenigstens zum Teil ihr empathieloses bis hin zu sadistischem Verhalten zeigten. Ein Großteil der Probanden hatte sich anfangs geweigert, anderen Schmerzen zuzufügen und z.T. die Versuche abgebrochen. Erst durch den massiven Druck der Versuchsleiter kam es zu den bekannten Gewaltexzessen.

Beruhigend ist die Botschaft, die Bregman herausarbeitet: Wir verfügen als Menschen über die Gabe der Empathie. Es gilt darauf zu achten, dass diese Fähigkeit nicht durch Macht und ähnliches korrumpiert wird. Und wir sollten darauf achten, was notwendig ist, damit sich innere Motivation entfalten kann. Über die Darstellung des Homo ludens kommt der Autor zur Fragestellung, wie echte Demokratie aussehen sollte. Die Stichworte dazu sind bekannt: Engagement, Vertrauen, Inklusivität, bürgerschaftliches Denken und Handeln, Transparenz, Solidarität und sozialer Aufschwung. Es wäre spannend, wenn diese Grundgedanken zu Leitideen unseres gemeinsamen Entscheidens und Handelns würden.

Unter der Überschrift „Die andere Wange“ schließt der Autor sein Werk ab. In Anlehnung an ein Zitat von George Bernard Shaw „Um jemanden zu bestrafen, muss man ihn verletzen. Um jemanden zu reformieren, muss man ihn verbessern. Menschen werden nicht besser, wenn man sie verletzt“ zeigt er bereits bewährte Möglichkeiten auf, was konkret getan werden könnte, um dem Gutsein des Menschen Raum zu verschaffen. Letztendlich geht es um „nicht-komplementäres Verhalten“. Das heißt, keine Reaktion auf Gewalt mit Gewalt, sondern mit gegenseitigem Kennenlernen. Dann hat auch die uns innewohnende Empathie und vor allem unser Mitgefühl eine Chance, zur Geltung zu kommen.

 

Im Grunde gut - Gutsein kann anstecken!

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