Vor 25 Jahren hatte ich in einem NLP-Seminar gelernt, dass Ziele möglichst positiv klar beschrieben, von außen überprüfbar, mit allen Sinnen erfassbar, selbst erreichbar und ausgewogen sein sollten. Ein möglichst konkretes Zielbild würde sich motivationspsychologisch positiv auswirken. Auf der anderen Seite musste ich feststellen, dass sich meine Zielbilder laufend verschieben, da auf dem Weg zum Ziel die Realität eine Rückkoppelungsschleife in Bezug auf mein Ziel bildet und sich dadurch mein Ziel verändert oder besser gesagt reifer wird. Wenn ich dann über agiles Projektmanagement, Scrum oder Effectuation lese, frage ich mich, ob ein so eindeutiges Zielbild, wie ich es vor 25 Jahren mit klaren Kriterien kennengelernt hatte, überhaupt hilfreich ist?
Soeren Kierkegaard hatte einmal gesagt, dass man das Leben zwar rückwärts erklären könne, aber vorwärts leben müsse. Für mich bedeutet das: Ein Zielkorridor nach vorne kann mir Orientierung bieten, ein Punktziel (wie bei einer Zielscheibe) schränkt unnötig ein, da sich das Ziel aufgrund meiner Bewegung nach vorne fortlaufend leicht modifiziert. Eigentlich bleibt mir nur, einen Schritt nach dem anderen zu wagen und für möglichst schnelle Feedbackschleifen zu sorgen, die mir die Möglichkeit des Nachjustierens geben. Und ob ich mich meinem Zielkorridor wirklich nähere, bemerke ich erst, wenn ich den nächsten Schritt gegangen bin.
Im Hintergrund schwingt für mich der Satz von Hilde Domin aus ihrem ersten Gedichtband “Nur eine Rose als Stütze“ (1959) mit: „Ich setzte den Fuß in die Luft und sie trug.“