Micromomente der Verbundenheit – positive Emotionen fördern

Barbara Fredrickson, Professorin für Psychologie an der University of North Carolina at Chapel Hill, hat eindrucksvoll belegt, wie ich positive Emotionen fördern kann. Ja, ich kann sogar auf meine positiven Emotionen gezielt Einfluss nehmen und verstärken. Fredrickson bezeichnet ihr Konzept als Broaden-and-Build-Theorie.

Broaden-and-Build-Theorie – Positive Emotionen entdecken und ausbauen

Laut Fredrickson geht es in einem ersten Schritt darum, die persönliche Wahrnehmung Richtung positiver Emotionen im Lebensalltag zu erweitern („broaden“). Wenn das gelingt, kann man in einem zweiten Schritt die z.T. neu entdeckten positiven Emotionen in der persönlichen Wahrnehmung weiter ausbauen („build“). Die Ergebnisse von Fredricksons Forschungen: Überwiegen die positiven Emotionen mindestens in einem Verhältnis 3:1, dann kommt es zu einer stabilen Grundhaltung im Leben, die von positiven Emotionen geprägt ist (vgl. auch https://www.loquenz.de/gefuhle-selbst-einfluss-auf-das-eigene-gefuehlsleben-nehmen).

Micromomente der Verbundenheit – ein einfacher Weg, positive Emotionen zu fördern

Mit dem Konzept der Micromomente der Verbundenheit bezeichnet Fredrickson Momente, in denen ich wirklich mit meinem Gegenüber in Verbindung bin. Gelingt das, dann „kommen ihr Herzrhythmus und ihre Biochemie in Einklang, sogar das Feuern der Neuronen synchronisiert sich. Hier geht es nicht nur um ihre eigene Gesundheit, denn wenn Sie mit anderen in Kontakt treten, wird nicht nur ihr Herz leicht stimuliert, sondern das ihres Gegenübers auch“ (B. Fredrickson, Die Macht der Liebe. Ein neuer Blick auf das größte Gefühl. Campus, Frankfurt am Main, 2014).

Micromomente der Verbundenheit als Einstieg in eine Großgruppenveranstaltung

Als Katholische Kirche Tübingen, hatten wir einen Nachmittag unter dem Titel „Sehnsucht nach Glauben“ geplant. Ziel war es, unserer Sehnsucht nach Glauben nachzugehen, ihr Raum geben, Glauben erfahren, miteinander über unseren Glauben ins Gespräch zu kommen und ein gemeinsames Agape-Mahl zu feiern. Die spannende Frage in der Vorbereitung war, wie wir in diesen Nachmittag einsteigen sollten. Für solche Format gewohnt wäre folgender Ablauf gewesen: Begrüßung durch das Vorbereitungsteam, Kurzüberblick über das geplante Programm, Einstiegsimpuls…

Wir hatten uns entschieden, den Einstieg konsequent nach der Idee der Micromomente der Verbundenheit zu gestalten. Das heißt, nach einem kurzen „Grüß Gott“, haben wir zum Austausch zu folgenden Fragestellungen in Tandems oder Triaden eingeladen:

  • Wie bin ich hier? Neugierig oder abwartend?
  • Wie bin ich hier? Ruhig oder gehetzt?
  • Welche Sehnsucht hat mich hergeführt?
  • Was ist meine Hoffnung für diesen Nachmittag?
  • Auf welche Weise können mir andere heute Freude bereiten?

Micromoment der Verbundenheit – kurzer intensiver Kontakt zwischen Unbekannten

Die Wirkung dieser Micromomente der Verbundenheit war verblüffend. Anders, als in solch großen Gruppen (ca. 90 Personen), entstand innerhalb der ersten 10-15 Minuten eine Grundstimmung der Verbundenheit. Das Gefühl, dass sich alle Anwesenden, auch wenn sie die unterschiedlichsten Fragestellungen bewegen, in dieser Gruppe mit ihren Fragen getragen fühlen.

Micromomente der Verbundenheit auch im betrieblichen Kontext?

Meine Erfahrung im betrieblichen Kontext ist, dass die Micromomente der Verbundenheit auch dort eine ähnliche Wirkung erzielen. Naturgemäß entsteht am Anfang eine kurze Irritation und auch die Fragestellungen sind auf die betriebliche Situation anzupassen. Doch der Mut, solche Fragen z.B. zu Besprechungsbeginn zu stellen, zahlt sich in der Regel aus.

Mir ist eine Situation in einer Abteilung von IT-Mitarbeitern und Elektroingenieuren eindrucksvoll im Gedächtnis. Nachdem diese Abteilung aus strategischen Gründen aus den beiden ehemaligen Abteilungen (IT und Leittechnik) fusioniert wurde, fiel es beiden Seite nicht leicht, miteinander als Team zu agieren. Im Zuge eines Beratungsmandats wurde ich eingeladen, diese Teamentwicklung zu begleiten. Nach individuellen Vorgesprächen startete ich den ersten Teamworkshop mit Fragen für die Tandems wie:

  • Was hat mir heute bereits Freude gemacht?
  • Wo habe ich im Kontext unserer Abteilung in den letzten drei bis vier Wochen etwas Schönes erlebt?
  • Welche Eigenart schätze ich an meinem Gegenüber?

Für den Dialog war je Frage ein Zeitrahmen von zweimal einer Minute gesetzt. Eine Minute berichtet A und B hört einfach nur zu und zeigt diese gerne durch Kopfnicken, Lächeln, „mhm“ oder andere paraverbale Signale des Zuhörens. Danach werden die Rollen gewechselt. Es braucht keine Reflexion im Tandem, sondern nach diesen zwei Minuten werden neue Tandempartner gesucht und ich formuliere die nächste Fragestellung.

Den Effekt, den ich nach diesem kurzen Einstieg von insgesamt zehn Minuten wahrgenommen habe: Die Teammitglieder waren deutlich offener und tatsächlich neugierig aufeinander und auf das, was wir gemeinsam besprechen, reflektieren und diskutieren wollten.

Ich bin schon gespannt, wie es im zweiten Workshop vor Ort sein wird.

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