Immer wieder ist es überraschend, dass Bücher, die schon recht lange auf dem Markt sind, eigentlich jetzt in unsere Zeit passen. Dies ist bei „Das vierte Feld“ von Dr. Mokka Müller mit Sicherheit der Fall.
Auf dem Hintergrund ihres breiten Wissens (Volkswirtschaft, Soziologie und Philosophie), ihrer Tätigkeit als Autorin, Moderatorin und Korrespondentin für Wirtschafts- und Wissenschaftsredaktionen und als Gründerin des Instituts für Zukunfts-Management in Köln skizziert sie bereits 1998 das Feld, an dem sich das Leadership der neuen Generation orientieren sollte.
Prophetische Wort mit Blick auf unser derzeitiges wirtschaftliches Handeln
Auf dem Klappentext formuliert Mokka Müller die Ausgangslage aus der Perspektive der zu Ende gehenden 90er-Jahre: „Wir erleben das Entstehen einer ganz neuen, nahezu alles umfassenden ökonomischen Ordnung, deren Währung das Gewinnen von Aufmerksamkeit und deren Überlebensregel die Bio-Logik sein wird. (…) Nicht Optimalisierung, Effizienz und Kostenschnitt werden den wirtschaftlichen Erfolg der Zukunft ausmachen, sondern globale Kommunikation, schnelle und ideenreiche Neukombinationen, Ko-Evolution und die Allgegenwart von Information, Services und Waren“.
Macht man sich bewusst, dass die ausgehenden 90er-Jahre vor allem von Effizienzsteigerung geprägt waren (als Beratungsfirma waren wir damals v.a. in entsprechenden Weiterbildungsprogrammen oder Optimierungsprojekten in Firmen engagiert), dann wird einem aus heutiger Sicht – bei der New Work, agile Leadership u.ä. auf der Tagessordnung steht – erst bewusst, wie weit Müller vorausgedacht hatte.
Wahrnehmung ist fluide und verändert sich fortlaufend
Im ersten Drittel stellt die Autorin die Phänomene dar, aufgrund derer Wahrnehmung fluide wird und sich entsprechend fortlaufend verändert. Sie betitelt dies mit „Zeit des Erwachens“.
Paradigmenwandel
Dieses „Erwachen“ führt zu einem Paradigmenwandel. Ihr Stichwort hierzu: Triumph der Software, Kultur der Neugier, Moral-Trend, Ratio als Aberglauben, Die Wahrheitsfalle, Der Bio-Computer, Blinde Flecken, Glück macht erfinderisch… Die aktuellen Entwicklungen z.B. in der (Positiven) Psychologie oder das Thema Arbeitgeberattraktivität für die Generation Z bestätigen dies im Nachhinein.
New Sciences
Die Richtung möglicher Lösungen ergibt sich aus den Erkenntnissen der Wissenschaft. Aufgrund der Erkenntnisse der Quantentheorie leitet Müller das Phänomen der Grenzauflösungen ab und begründet die Unübersichtlichkeit der (Wirtschafts)Welt. Wir werden zu einer Welt der Beziehungen, und Unternehmen bilden Erwartungsfelder ab. „Führen heißt dann, die richtigen Feldqualitäten aufzubauen und miteinander in Kontakt zu bringen“ (S. 274). Die aktuelle Diskussion um den Purpose, das „Why“ des Unternehmens und des/der Mitarbeiter*in zielt genau auf dieses Phänomen! In der Sprache von Müller formuliert: „Mission statt Marketing“ (S. 358).
Es wäre spannend zu lesen, welche Facetten Mokka Müller aus heutiger Perspektive mit Blick auf die nächsten Jahrzehnte in den Fokus rücken würde. Doch leider finden sich keine aktuellen Essays von ihr. Schade!