In den letzten Workshops für Führungskräfte zum Thema: „Was kann ich als Führungskraft zum guten Umgang meiner Mitarbeiter/-innen mit Gesundheit und Krankheit beitragen?“ – Anlass waren in der Regel zu hohe Fehlzeiten in der jeweiligen Organisation – tauchte das Thema Präsentismus erstaunlich häufig auf. Zuerst anhand von Fragestellungen:
- Wie gehe ich auf einen Mitarbeiter zu, der an einem Tag bereits zehn Stunden Arbeitszeit geleistet hat und trotzdem nicht nach Hause gehen will?
- Wie schicke ich einen offensichtlich erkrankten Mitarbeiter (z.B. hustend, triefende Nase, gerötete Augen) nach Hause, damit er sich auskuriert und nicht die noch gesunden Kollegen/-innen ansteckt?
In Bezug auf das eigene Führungsverhalten ist das Thema recht einfach zu lösen: Das Offensichtliche, d.h. die zu lange Arbeitszeit oder das nach außen erkennbare Krankheitsbild unter vier Augen ansprechen und dem Mitarbeiter unter dem Gesichtspunkt der Fürsorge als Führungskraft eindringlich nahelegen, jetzt wirklich nach Hause zu gehen.
Warum fällt das vielen Führungskräften in diesen Betrieben so schwer? Weil eine implizite Kultur des Präsentismus innerhalb der Führungsriege existiert. Immer noch wird anscheinend das Engagement und daher das Kriterium Anwesenheit auf Platz eins gesetzt. Interessant wäre es, wenn das Kriterium erzieltes Ergebnis diesen Platz eins einnehmen würde. Dann wäre es klar, dass ein offensichtlich erkrankter Mitarbeiter keinen vollen Beitrag zum Ergebnis leisten kann und zudem noch die Gefahr der Ansteckung von Kollegen besteht. Zusätzlich verlängert sich die Zeit der Rekonvaleszenz und damit die Ausfallzeit des Mitarbeiters. Oder es wäre selbstverständlich, dass sich bei Überschreiten der zulässigen Arbeitszeit an die geltende rechtlichen Regeln gehalten wird – ohne deshalb als Mitarbeiter/-in oder Führungskraft ein schlechtes Gewissen haben zu müssen.