Die Welt ist voller verpasster Chancen, die im Rückblick oft schmerzen. Dabei wäre es so einfach, und wenn es als Einstieg nur eine Kleinigkeit ist, etwas anderes im eigenen Leben zu erproben.
In den letzten Monaten gab es etliche Gelegenheiten in Form von Jubiläen, Verabschiedungen, Beerdigungen… auf das Leben anderer zurückzublicken. Z.T. mit Stolz, zum Teil mit Wehmut. Und natürlich sind die genannten Anlässe auch ein guter Grund, v.a. den Rückblick in den Vordergrund zu stellen.
Zitat von Karl Valentin
Bei diesen Rückblicken ist mir immer das Zitat von Karl Valentin aus der Überschrift durch den Kopf gegangen. Es gibt so viele Dinge, die die Person, um die es bei dem Jubiläum geht, noch hätte machen wollen. Doch recht häufig hat sie sich durch vermutete Erwartungen von Anderen an das eigene Verhalten bremsen lassen; sich letztendlich nicht getraut, den kleinen Traum umzusetzen – meistens ihn nicht einmal anzufangen.
Den Wunsch äußern
Ich stelle mir dann häufig vor, was hätte sich wohl entwickeln können, wenn sich die Person zumindest getraut hätte, ihren Wunsch, ihre Idee zu äußern. Vielleicht hätte es jemand gehört, der diesen Punkt positiv verstärkt hätte? Was hätte daraus alles entstehen können? An Erfolg? Zufriedenheit? Lebensglück?… Da kam mir ein Porträt zu Hans Vaihinger (* 25. September 1852 in Nehren bei Tübingen) in unserer Tübinger Lokalzeitung gerade recht. Vaihinger ist geistiger Vater der „Philosophie des Als Ob“. Ich frage mich dann, an obigen Beispielen entlang, was hätten die Personen eigentlich riskiert, wenn sie zumindestens einen Schritt in die ersehnte Richtung gegangen wären?
Häufig ist uns nicht klar, wie hoch der „leistbare Verlust“ sein könnte und wir schrecken schon vor dem ersten Schritt zurück. Und selbst wenn dieser erste Schritt nicht wirklich funktioniert, besteht immer noch die Chance, den Fehler zu hebeln (https://www.loquenz.de/fehler-hebeln) und daraus etwas wirklich passendes zu entwickeln. Vielleicht sind solche Rückblicke einfach eine gute Gelegenheit, an die eigene Experimentierfreude zu appellieren – ohne deswegen blauäugig zu sein!
Karl Valentin; Hrsg. Helmut Bachmaier, 1990; Serie Piper; Bd. 1162