Führungsstark im Wandel

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Die Beschreibung im Kapitel 1, wieso es zu immer mehr Wandelprojekten in immer kürzerer Zeit kommt, liefert auf zehn Seiten gängige Thesen, die nicht unbedingt Neues vermitteln. Im Kapitel 2 beschreibt Groth die Phänomene der individuellen Psychodynamik, angelehnt an die Forschungen von Elisabeth Kübler-Ross.

Ab dem Kapitel 3 wird es richtig spannend. Wie gehe ich als Führungskraft mit meinen eigenen Emotionen und den Emotionen meiner Mitarbeiter um? Sein Fazit (vgl. Seite 65):

  1. „Stellen Sie sich ihren Ängsten.
  2. Machen Sie den Mitarbeitern klar, was passieren wird, und setzen Sie kurzfristig erreichbare Ziele.
  3. Hinterfragen Sie Ihren Zorn.
  4. Stellen Sie sich den zornigen Mitarbeitern.
  5. Lassen Sie Belastendes los, indem Sie bewusst trauern.
  6. Reduzieren Sie bei besonders betroffenen Mitarbeitern den Druck.
  7. Zeigen Sie Ihre eigenen Emotionen und übernehmen Sie Verantwortung.“

Mein Eindruck: Ja, diesen Thesen kann man zustimmen. Doch was ist das Besondere daran zum Thema Change Leadership für das mittlere Management?

Der Autor fokussiert auf die Emotionen und emotionale Prozesse der Mitarbeiter/-innen. Die Kapitelüberschriften 3-7 verdeutlichen dies:

  • „Kap. 3: Wenn alle durchdrehen
  • Kap. 4: Wenn keiner mitmacht
  • Kap. 5: Wenn alle auf die Barrikaden gehen
  • Kap. 6: Wenn alles zusammenbricht
  • Kap. 7: Wenn alle zurückmarschieren.“

Meine Erfahrung in der Begleitung von Führungskräften in Wandelprozessen: Die Fokussie-rung auf das Thema Change Leadership, verstanden als Umgang mit den Emotionen der Mitarbeiter/-innen, genügt bei weitem nicht, um in einem Wandelprozess wirklich erfolgreich zu führen. Hier sind z.B. Elemente gefragt, wie:

  • Eine klare Strategie
  • Spürbare Effekte
  • Rational und emotional nachvollziehbare Argumentationen
  • Peer-to-peer Wirkungen
  • Systemisch fundierte Selbstreflexion
  • Effiziente und effektive Kommunikationswege (bottom-up, top-down und frei floatend)

Ich hätte mir gewünscht, dass Groth auch auf strukturelle Fragen des Wandels, z.B. „Wie designe ich eine Veränderungsarchitektur? In welchen Fällen benötige ich einen Plan B?“ oder „Wo macht ein ausführlicher Plan gerade keinen Sinn? Wie nutze ich agile Methoden in der Umsetzung des Wandels?“ stärker eingehen würde. Hier bleibt der Autor doch sehr in seiner auf die Beziehung zwischen Mitarbeiter und Führungskraft fokussierten Perspektive – die zwar richtig ist, für ein gutes Change-Leadership aber keinesfalls ausreichend.

Zusätzlich hätte ich mir gewünscht, dass Groth auf aktuelle Fragen detaillierter eingegangen wäre. Z.B. stellt er die anregende Frage: „Auf welchen Kanälen (Einzelgespräch, Gruppenveranstaltung, E-Mail, Telefon, Brief, Internet) kommunizieren wir mit diesem Stakeholder?“ (S. 183). Interessant wäre es gewesen, darauf einzugehen, wie ich mich als Führungskraft zu Dynamiken im Intra- oder Internet verhalte:

  • Wie reagiere ich auf einen Shitstorm?
  • Wie gehe ich mit Beiträgen in den Social Media Plattformen um, die die Tabus des Wandelvorhabens thematisieren?
  • Wie verhalte ich mich bei Falschaussagen?
  • Wie motiviere ich meine Stakeholder selbst die Stimme zu erheben?
  • Was ist, wenn ich auf einen Fehler angesprochen werde?

Meiner Erfahrung nach sind die Führungskräfte exakt in diesem „Klein-klein“ der täglichen Kommunikation auf den unterschiedlichsten Kanälen in Wandelvorhaben gefordert. Hier würde mehr konkrete Hilfestellung sicherlich gut tun.

Mein Eindruck: Alexander Groth führt Richtiges an, bleibt aber zu sehr an der Oberfläche. Das Buch ist offensichtlich von seiner Tätigkeit als Vortragsredner geprägt. Für Vorträge passt dieses Abstraktionsniveau häufig. Für ein Buch mit seinem Anspruch, Change Lea-dership für das mittlere Management zu liefern, wäre mehr möglich gewesen. Schade.

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