One value fits all? … in Sachen Führungskultur?

Immer wieder taucht es als Thema auf: „Wir sollten eine einheitliche Unternehmens- und Führungskultur haben, dann würde es nicht so viele Konflikte und Missverständnisse zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden geben!“


Das Bedürfnis kann ich gut verstehen und würde auch dem Streben nach einer Reflexion über die vorhandene Unternehmens- und Führungskultur nie im Wege stehen. Ganz im Gegenteil, ich würde diese Reflexion sogar forcieren. Doch was ich nicht unterstützen würde, ist die Hoffnung, dass wir als Ergebnis einer Reflexion eine klar definierte Wertehierarchie oder ein eindeutiges Wertebündel erarbeiten, welches sozusagen als Antwortkatalog auf Zweifelsfälle dienen kann. Was ich mit einer solcher Reflexion über Werte, die wir in den Blick nehmen, jedoch erreichen kann, ist ein Referenzrahmen, für die fortlaufende Diskussion bei auftauchenden Situationen, die mit einer gewissen Spannung bei den verschiedenen Beteiligten verbunden ist.

One size fits all? Nein, es geht um das Wahrnehmen und Gestalten der Vielfältigkeit 

Beim diesjährigen “do care!“-Online-Kongress 2024 (6.-8.11.2024) war ich, gemeinsam mit #Annette Bantel-Kochan eingeladen, unter dem Titel „One size fits all – One value fits all. Impulse aus der Entwicklungspsychologie für BGM und Führung“, etwas zur Frage beizutragen, wie ich mit Mitarbeitenden, die ganz unterschiedlichen Wertegruppen angehören, Betriebliches Gesundheitsmanagement und Führung bzw. Führungskultur möglichst gut gestalten kann. Eine Erkenntnis vorab: Die Musterlösung haben wir leider nicht herausgefunden.

Erkenntnisse der Entwicklungspsychologie sind auch im Betrieb hilfreich

Unabhängig von der Frage, wie gut der Einsatz von Entwicklungsmodellen wie Spiral Dynamics, sei es von Don Edward Beck und Christopher C. Cowan (Blog: Reifungsprozesse und -dynamiken) geprägt ist. Oder wie gut der Einsatz in der Weiterentwicklung durch Ken Wilber (mein Buchtipp: Business Culture Design) empirisch validiert und exakt wissenschaftlich fundiert ist – all diese Modelle haben einen ganz praktischen Vorteil: Sie stellen für Führungskräfte einen Reflexionshintergrund in Sachen Führungsverhalten und Auswirkungen auf die Führungskultur zur Verfügung. Dieser Reflexionshintergrund kann es mir als Führungskraft erleichtern, unerwartete Reaktionen von Mitarbeitenden in einem anderen Licht zu sehen.

Und vielleicht sogar mein Führungshandeln und Führungskultur darauf einzustellen. Die Veröffentlichungen von Martin Permantier bieten dazu zahlreiche Hinweise (z.B. ‚Führung & Unternehmenskultur erfolgreich gestalten‚ und ‚Haltung erweitern: Transformationsimpulse‚). 

Dominierende Werte können sich situativ ändern 

Eigentlich ist davon auszugehen, dass die Graves Wertespirale zeitüberdauernde Entwicklungstendenzen darstellt – und hilft, den Rahmen für Führung abzustecken. Dominiert in einem Team z.B. das Wertebündel ‚Ordnung‘, dann kann davon ausgegangen werden, dass die Wertebündel ‚Macht‘, ‚Identifikation‘ und ‚Überleben‘ nicht besonders aktiviert sind. Spannend war in der Diskussion festzustellen, dass es immer wieder Situationen gibt, in denen nicht nur einzelne Mitarbeitende, sondern auch ein gesamtes Team z.B. vom Wertebündel ‚Ordnung‘ in das Wertebündel ‚Überleben‘ wechselt.

Dies kann z.B. durch eine, die Existenz des Teams gefährdende, Mitteilung von außen kommen. Denkbar wäre, dass der umsatzstärkste Kernmarkt aufgrund politischer Veränderungen plötzlich wegbricht; oder aufgrund einer Übernahme durch einen Mitbewerber wird die strategische Entscheidung getroffen, das Produkt des Teams vom Markt zu nehmen. Dann sollte ich als Führungskraft des Teams durchaus damit rechnen, dass plötzlich das Wertebündel ‚Überleben‘ aktiviert ist und mein Führungsverhalten entsprechend darauf einstellen. Indem ich z.B. einen klaren Handlungsrahmen für das Team schaffe, der v.a. die primären Bedürfnisse der Mitarbeitenden im Blick hat.

Es gibt natürliche Spannungsfelder zwischen dem wünschenswerten Wertebündel und den Anforderungen der Aufgabe 

Ein typisches Spannungsfeld, das im Kongress häufiger erwähnt wurde, war die Klage, dass es z.B. in Buchhaltungen oder klassischen Planungsabteilungen in der öffentlichen Verwaltung schwerfällt, agile Arbeitstechniken einzuführen. Reflektiere ich diese Situation auf dem Hintergrund der Graves-Wertespirale, dann wird rasch deutlich, dass die Anforderung des rechtssicheren Bearbeitens (Wertebündel ‚Ordnung‘) in Spannung mit dem agilen Arbeiten (Wertebündel ‚Synergie‘) steht. 

Die Graves-Wertespirale stellt für solche Führungssituationen eine Reflexionshilfe dar, diese Spannungsfelder wahrzunehmen und das persönliche Führungsverhalten darauf einzustellen.  

Für alle, die sich für die Präsentation unseres Impulses zum Thema  „One size fits all – One value fits all. Impulse aus der Entwicklungspsychologie für BGM und Führung“ interessieren – kurze E-Mail genügt.

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