In einem Pausengespräch mit einem ehrenamtlichen Notfallseelsorger kam das Thema Umgang mit Missverständnissen auf. Wie kann ich mit dem Phänomen umgehen, dass mich jemand offensichtlich falsch verstanden hat?
Reagiere ich mit der Aussage „da haben sich mich falsch verstanden“, dadurch sind mindestens zwei Optionen vorstellbar wie sich die Kommunikation weiterentwickelt.
Variante A: Der Redner verteidigt sich. Die Aussage sei überhaupt nicht missverständlich gewesen. Normalerweise müsste man, wie diese gemeint gewesen sei. Das ist mir ja noch nie passiert, dass jemand diese Aussage so auffasst u.v.m.
Variante B: Der Zuhörer verteidigt sich. Die Aussage war nicht eindeutig formuliert. Das hätte man unmissverständlicher ausdrücken können. Das ist ganz typisch, dass im Nachhinein der Sinn der Aussage so hingedreht wird, dass die Kritik nicht auf den Redner zurückfalle u.v.m.
Die vier Ohren – es kommt immer drauf´ an…
Schulz von Thun hat die Situation mit seinem Kommunikationsquadrat sehr schön beschrieben, dadurch gibt es mindestens vier Arten, wie ich Nachrichten verpacke und mindestens vier Möglichkeiten, wie ich diese anhören kann. Der Sender entscheidet über die Art des Sendens, der Zuhörer über die Art des Hinhörens. Die Frage wer Recht hat, ist damit schlichtweg nicht zu entscheiden (vgl. auch https://www.schulz-von-thun.de/die-modelle/das-kommunikationsquadrat). Mit dem Kommunikationsquadrat im Hinterkopf könnte man sagen: Aus dem Phänomen, falsch verstanden zu werden, kann sich ein fröhlicher Disput über die Frage entwickeln, mit welchem Schnabel wohl gesprochen wurde und mit welchem Ohr es adäquat gewesen sein könnte zu hören. Egal wie das Ergebnis der Reflexion ausfällt: für die inhaltliche Klärung des Sachverhaltes ist damit noch nichts gewonnen.
Sie haben mich falsch verstanden? Nein, ich habe mich schlecht ausgedrückt!
Mein Gesprächspartner hatte einen wirkungsvollen Tipp parat, mit dem er in der Regel gute Erfahrungen gemacht hatte. Warum formuliere ich anstelle des Vorwurfs an mein Gegenüber: „Sie haben mich falsch verstanden“, der ja nur das offensichtliche und von beiden Parteien geteilte Phänomen beschreibt, nicht lieber die Selbstmitteilung: „Ich habe mich offensichtlich schlecht ausgedrückt!“. Mit der zweiten Aussage eröffne ich mir einen Weg, einen zweiten Versuch anzugehen; und meinem Gegenüber einen Weg, mir ein zweites Mal zuzuhören und zu entspannen – ohne sich dafür verteidigen zu müssen.
Ich fand dies einen schönen und produktiven Tipp für die Reflexion von Kommunikationssituationen und bin gespannt, welche Erfahrungen andere damit gemacht haben.