Christian Gansch geht von der Kernthese aus, dass der Orchesterapparat als Paradebeispiel für effiziente Management-, Führungs- und Konfliktlösungsstrategien stehen kann, so der Klappentext. Aufgrund seiner langjähriger Erfahrung als Orchestermusiker, Dirigent und Produzent im Bereich Klassik, weiß Gansch genau, wovon er spricht.
In fünf Kapiteln stellt er folgende Bereiche dar:
1. Das Orchester als Unternehmen
Anhand des Beispiels, dass selbst die virtuosesten Solisten noch lange kein Garant für ein abgerundetes Klangerlebnis eines Konzertabends sind, zeigt er die Funktion von Hierarchien und Teamgrößen, das Spannungsfeld von Führung und Selbstverantwortung, Unternehmensinteressen und Arbeitnehmerinteressen, Druck und Lampenfieber auf.
Da wir in der Regel ja schon alle einmal ein Orchester „bei der Arbeit“ erlebt haben und das Entstehen der Performance sozusagen für alle transparent ist – alle Orchestermitglieder sitzen ja in der Regel im Blickfeld der Zuschauer – ist diese Insiderperspektive natürlich besonders spannend.
2. Vom Ich- zum Wir-Gefühl
Klar ist: Nichts ist wirklich fix. Das aktuelle Fertigkeitsniveau der einzelnen Orchestermusiker konkurriert mit der langjährigen Erfahrung einzelner; auch hier existieren Sympathie und Antipathie; Routine bringt die Gesamtperformance nicht voran; die Grenzen von Mitspracherechten ausloten. Gansch beschreibt sehr eindrücklich, wie viele Stellschrauben im Blick zu halten sind, um wirklich als Ganzes exzellent zu performen.
3. Das überstrapazierte Teamideal
Die Botschaft ist klar: Nicht das Team ist das oberste Ziel, sondern das Ergebnis. Und wenn ich verantwortungsvoll am Ergebnis mitwirken kann, dann motiviert mich genau diese erlebte Verantwortung. Sein Motto: „Es ist Aufgabe der Führungskraft, einem jungen Talent den Weg freizuräumen, indem sie ihm Verantwortung überträgt“ (S. 96).
4. Führungsprozesse
Aufgabe des Dirigenten ist es, das Konzept in allen Nuancen zu vermitteln, um die Musiker für seine Sache zu gewinnen. Und trotzdem Freiheiten zuzulassen und Irrtümer zugeben zu können. Und das nicht nur, weil ich im Orchester überhaupt keine Chance habe, Irrtümer zu kaschieren, sondern aus der eigenen Größe heraus.
5. Inspiration, Innovation
Gansch geht davon aus, dass Inspiration nur entstehen kann, „wenn man es ertragen lernt, nicht sofort alles zu wissen. Wenn man bereit ist, eine Phase der Suche, einschließlich er damit einhergehenden Unsicherheit, anzunehmen“ (S. 176). Entsprechend ist es für ihn eine Balance zwischen einem klaren Wollen bei gleichzeitigem Entstehenlassen unabdingbar. Die Kunst des Dirigenten besteht darin, diesen schmalen Pfad mit dem Orchester zu finden und zu gehen.
Der Autor bietet mit dem leicht zu lesenden Band eine Fülle von Anregungen für die eigene Führungspraxis. Ein kleiner Wehrmutstropfen jedoch bleibt: Leider ist nicht jedes Unterneh-men mit einem Weltklasseorchester vergleichbar – zu mindestens nicht, was die Möglichkeiten der Auswahl der Mitarbeiter/-innen angeht. Hier hatte Gansch in seiner aktiven Zeit als Dirigent die komfortable Situation, mit Weltklassemusikern arbeiten zu können. Diese Situation stellt in den Betrieben sicherlich die Ausnahme dar.
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