Wertschätzung – Trendthema oder Fleißaufgabe?

Beim Besuch der Zukunft Personal in Köln war es augenfällig. Wertschätzung scheint ein Thema zu sein, dass die Personalbranche bewegt. Den Ausstellerfirmen ging es beim diesem Thema u.a. um Fahrrad-Leasing, Software, Brutto-Netto-Optimierung, Mitgliedschaften in Fitnessstudios und viele weitere Benefits für Mitarbeitende.

Was bedeutet Wertschätzung im Betrieb?

Frage ich die KI nach dem Begriff, dann wird folgende Definition angeboten: „Wertschätzung im Betrieb ist eine grundlegende Haltung, die sich durch Respekt, Anerkennung und echtes Interesse an den Mitarbeitern zeigt. Es geht dabei nicht nur um gelegentliches Lob für gute Leistungen, sondern um eine kontinuierliche und authentische Wertschätzung der Person als Ganzes.“
Auf den ersten Blick ist dieses Verständnis von Wertschätzung doch recht weit von Fahrrad-Leasing, Software, Brutto-Netto-Optimierung und Co. entfernt.

Wertschätzung durch korrektes Bearbeiten von Hygienefaktoren?

Die Versuche der Ausstellerfirmen, Wertschätzung zu thematisieren, haben mich an die Hygienefaktoren als einen zentralen Bestandteil der Zwei-Faktoren-Theorie von Frederick Herzberg erinnert. Hygienefaktoren verhindern Unzufriedenheit am Arbeitsplatz; sie tragen jedoch nicht aktiv zur Zufriedenheit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei.

Beispiele für Hygienefaktoren sind Arbeitsbedingungen, Bezahlung, Unternehmenspolitik, ein respektvoller und unterstützender Führungsstil und gute zwischenmenschliche Beziehungen mit den Kolleginnen und Kollegen am Arbeitsplatz sowie ein sicherer Arbeitsplatz mit einer langfristigen Perspektive.

Doch wichtig! Das Bearbeiten von Hygienefaktoren reicht noch lange nicht aus, um Mitarbeitermotivation zu erreichen. Die Hygienefaktoren vermeiden lediglich Unzufriedenheit. Möchte ich Mitarbeitende motivieren oder zufrieden stellen, dann schlägt die Zwei-Faktoren-Theorie von Frederick Herzberg den Einsatz von Motivatoren vor.

Motivatoren als Option, die Zufriedenheit von Mitarbeitenden zu steigern

In der Zwei-Faktoren-Theorie von Frederick Herzberg werden Motivatoren als Faktoren definiert, die die Zufriedenheit der Mitarbeiter erhöhen und somit ihre Motivation steigern können. Diese zielen v.a. auf den Arbeitsinhalt und die Möglichkeit zur persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung.
Herzberg nennt als Beispiele dafür:
Die Möglichkeit, gute Arbeit zu leisten und Erfolge zu erzielen;
Lob und Anerkennung für gute Leistungen durch Vorgesetzte und Kollegen;
interessante Arbeitsinhalte und herausfordernde Aufgaben, die idealerweise den Fähigkeiten und Interessen der Mitarbeitenden entsprechen;
angemessene Verantwortung und Entscheidungsbefugnisse sowie
die Möglichkeit mit ‚Weiterzuentwickeln‘, sei es persönlich und beruflich als Job-Enlargement oder als Karrieremöglichkeit mit entsprechender Aussicht auf eine Beförderung.

Wertschätzung als eine Frage der Organisation

Auf der Zukunft Personal wurde dieses Jahr deutlich, dass offensichtlich Systeme und Organisationsformen gesucht sind, die quasi automatisch dafür sorgen, dass Mitarbeitende sich wertgeschätzt fühlen. Nun, immerhin erreichen die Systeme – bezogen auf das Zwei-Faktoren-Modell der Hygienefaktoren – auf jeden Fall, dass nicht noch mehr Punkte bei den Mitarbeitenden in Sachen mangelnde Wertschätzung negativ aufstoßen. Ob diese Punkte allerdings tatsächlich als Wertschätzung empfunden werden? …

Wertschätzung – im direkten persönlichen Kontakt sofort erfahrbar

Eine Umfrage unter Mitarbeitenden würde wahrscheinlich eine andere Facette thematisieren: Die Wertschätzung, die in der direkten Kommunikation mit meiner Führungskraft und meinen Kolleginnen und Kollegen sofort erfahrbar wird. Wertschätzung, die ich im direkten Kontakt spüre, die mein Bauchgefühl und mein Herz anspricht.

Wertschätzung als ‚Software as a Service‘ (SaaS)-Lösung?

Richtig skeptisch wurde ich bei einer SaaS-Lösung. Diese Lösung möchte meine interaktive Wertschätzungsplattform sein und mich dabei unterstützen, täglich die Leistungen meiner Mitarbeitenden zu würdigen und die Unternehmensziele zu erreichen.
Mein Eindruck, der zweite Satzteil, die Unternehmensziel zu erreichen, ist die primäre Motivation für diese Software-Lösung.

Wertschätzung – ein Thema für den direkten Kontakt zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden… und für Mitarbeitende untereinander

Bei allen Möglichkeiten, die Personaldienstleister unterstützend bieten können, bleibt es eine Frage der direkten Interaktion und Kommunikation. Und die Maßnahmen bleiben einfach:

  • Persönliche Anerkennung:
    Individuelle Anerkennung und Lob für gute Leistungen haben einen großen Einfluss auf die Motivation der Mitarbeiter; vielleicht noch verbunden mit einem Feed-Forward (s. Loquenz-Blog dazu).
  • Offene Kommunikation:
    Führungskräfte können eine Kultur der offenen Kommunikation zu fördern, in der Mitarbeiter ihre Meinungen und Ideen frei äußern können.
  • Mentoring und Coaching:
    Unterstützung durch Mentoring-Programme und individuelles Coaching zeigt den Mitarbeitern, dass ihre persönliche und berufliche Entwicklung wichtig ist.

High Quality Connections – Wertschätzung direkt und rasch erfahren

Ein spannendes Phänomen beim Thema Wertschätzung ist für mich das Konzept der High-Quality-Connections. „Bei High Quality Connections handelt es sich um kurzfristige positive Interaktionen, die für die Beteiligten eine positive Erfahrung sind. Diese Interaktionsqualität können wir bereits in kurzen Gesprächen erreichen, aber damit langfristig sehr positive Auswirkungen hervorrufen“. Und das Gute daran: HQCs brauchen keine gemeinsame Vorerfahrung oder Vorgeschichte. Es geht um den konkreten Moment im Hier und Jetzt (s. Loquenz-Blog: Mit High Quality Connection zu high Performance).
Und das „Wie“ der High Quality Connections ist einfach zu verstehen. Tipps für Führungskräfte, wie ich High Quality Connections in meinem Führungsalltag etablieren kann, finden sich im Buch von Marcus Schweighart zu Genüge (hier die Loquenz-Rezension).

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