Zu einseitige Fokussierung auf Zielerfüllung kann den Blick auf den Zielzustand verstellen
So gut das Formulieren klarer Ziele ist, um daraus Handlungsableitungen ableiten zu können, so irreführend kann es wirken, wenn das Ziel selbst zum Selbstzweck wird
In einem regelmäßigen Erfahrungsaustausch mit anderen Dienstleistungsbetrieben stand dieses Mal die Frage auf der Agenda: Wie läuft die Neuorganisation der Arbeit während und nach Corona in den Betrieben? Zur Unterstützung waren zwei Expert*innen aus dem Themenfeld Arbeitsschutz/-sicherheit eingeladen. Nach dem Impuls zum Thema aktuelle Corona-Regelungen (Wann 3-G?, Wann 2-G?…) ging es relativ rasch um das Thema Impfen (Darf ich als Arbeitgeber den Impfstatus nachfragen? Ist der/die Mitarbeiter*in auskunftspflichtig?…). Nachdem der erste Informationsbedarf aus dem Kreis der Unternehmer*innen und Führungskräfte befriedigt war, fokussierte sich die Diskussion auf die Fragestellung: Wie erreiche ich es, dass sich die bislang ungeimpften Mitarbeiter*innen impfen lassen?
Herdenimmunität oder 100%-Impfquote?
Es wurden unterschiedliche Ideen in den Raum geworfen, um die bislang Ungeimpften zu überzeugen: Büros ohne Maskenpflicht für geimpfte Mitarbeiter*innen – dann würde für alle deutlich, wer noch ungeimpft ist. Oder Teamevents nach der 2-G-Regel u.v.m. Die Motivation der Unternehmer*innen und Führungskräfte in der Runde war sehr hoch, möglichst alle im Betrieb vom Nutzen der Impfung zu überzeugen. Erstaunt hatte mich, dass die Impfquoten in den Betrieben dieser Kolleg*innen bei 85-95% lagen. Als deutlich im Zielkorridor der zu erreichenden Herdenimmunität, die bei ca. 85% liegt (https://www.tagesschau.de/inland/coronavirus-herdenimmunitaet-101.html).
Zielerreichung kann zum Selbstzweck werden
Was wir in diesem Erfahrungsaustausch so erlebt haben, ist ein Phänomen, das beim „Führen nach Zielen“ immer wieder auftritt: Die Zielerreichung wird zum Selbstzweck (hier: Impfquote); der mit dem Ziel anvisierte Zielzustand (hier: Herdenimmunität, um die Epidemie einzudämmen) gerät aus dem Fokus. Eigentlich hätten wir uns im Rahmen dieses Erfahrungsaustausches einfach gegenseitig zu dieser hohen innerbetrieblichen Impfquote beglückwünschen können und uns v.a. den Fragen widmen, die sich jetzt für uns ergeben. Z.B.: Wie wir weiterhin mit ausreichender Vorsicht miteinander umgehen, um immer noch mögliche Ansteckungen zu minimieren? Wie wir die Mitarbeiter*innen, die aus verschiedensten Gründen nicht geimpft sind, vor Mobbing-Phänomenen schützen? Was wir aus der langen Phase des hybriden Arbeitens für die jetzt wieder verstärkt mögliche Präsenz lernen? Wie wir uns die eingeübte Flexibilität bezüglich Arbeitsort und auch Arbeitszeit weiter erhalten?
U.v.m…. Doch leider war dafür keine Zeit mehr – Schade!