In der Rubrik ‚Karrierefrage‘ greift die FAZ das Thema Adipositas auf. Häufig ist es am Arbeitsplatz ein Tabu. Klar wird in der Regel hinter vorgehaltener Hand darüber gesprochen und an Gesundheitstagen des Arbeitgebers das Thema Körpergewicht immer wieder aufgegriffen. Doch schon alleine das Thematisieren des Phänomens des Dickseins ist mit Risiko verbunden. So war es z.B. auch bei Marius Müller-Westernhagen 1978 mit seinem Lied „Dicke“: Westernhagen wollte mit seinem Lied auf die Gemeinheiten aufmerksam machen, die hinter vorgehaltener Hand über dicke Menschen ausgetauscht werden. Doch wurde Westernhagen selbst vorgeworfen, sich mit diesem Lied über Dicke lustig machen zu wollen. Die Folge war der Boykott des Liedes durch einige Radiosender.
Wahrnehmungsverzerrungen bei Führungskräften
Ich habe mich darüber gefreut, in diesem Artikel im Premium-Bereich der FAZ meine Erfahrungen zum Thema Wahrnehmungsverzerrungen auf Seiten der Führungskräfte im Kontakt mit adipösen Bewerberinnen und Bewerbern oder mit Mitarbeitenden beizutragen: „Als Chef habe ich fortwährend die Aufgabe, mich nicht von äußerlichen Merkmalen meines Gegenübers beeinflussen zu lassen, etwa dass ich einen dicken Jobbewerber für wenig engagiert halte oder eine hübsche Bewerberin als kompetent, sagt Teuber“.
Wahrnehmungsverzerrungen auf die Spur kommen
Was hilft mir dabei, meinen persönlichen Wahrnehmungsverzerrungen auf die Spur zu kommen und mit diesen produktiv umzugehen? Grundsätzlich sollte ich mich für dieses Phänomen der Wahrnehmungsverzerrungen sensibilisieren. Und da es ein menschliches Phänomen ist, werde ich es nie zu 100 % vermeiden können – ich kann nur aktiv damit umgehen.
Eine wichtige Strategie ist, wenn die Auswahlkriterien im Vorfeld klar festgelegt werden. Ebenso kann ich die Wahrnehmungsverzerrungen durch das Einführen von verschiedenen Perspektiven reduzieren oder gar ausgleichen; also sollte ich möglichst unterschiedliche Beobachtungsperspektiven in den Auswahlprozess einbringen.
Und wie immer in Auswahlprozessen sollte ich den Zusammenhang zwischen beobachtbarem äußeren Merkmal und Mitarbeiterperformance kritisch hinterfragen. Im konkreten Fall sagt Körperfülle z.B. wenig über die Eignung als Teamleitung aus. Ich habe dazu schon unter den Titeln „Sicherheit bei der Bewerberauswahl“ und „Bewerber professionell auswählen“ Beiträge geschrieben.
Ich hoffe, dass der Beitrag der Journalistin Felicitas Witte in der FAZ hilft, für das Thema Wahrnehmungsverzerrung zu sensibilisieren und adipöse Menschen sich im Alltag häufiger akzeptiert fühlen können.