Shit-in-Shit-out – erst die Prozessoptimierung, dann die Digitalisierung
In einem Workshop tauchte das Shit-in-Shit-out-Prinzip in einem Pausengespräch auf. Eine Gesprächspartnerin schwärmte bei einer Tasse Kaffee von den Chancen, die die anstehende digitale Prozesssoftware bieten könnte, die andere Gesprächspartnerin kommentierte kurz und knapp: „Shit in, Shit out… so ohne „Wofür?““. Leider war die Pause nicht lange genug, um den Einstieg in eine vertiefte Diskussion zu finden.
Schlechte Prozesse? Oder vielmehr bislang unentdeckte Schätze?!
Gibt es eigentlich schlechte Prozesse? Ich glaube nicht. Wahrscheinlich gibt es zahlreiche gute Gründe, warum die Prozesse so entstanden sind, wie sie jetzt existieren. Und manchmal kann es tatsächlich helfen, diesen guten Gründen nachzugehen, um nicht alles zu ‚verschlimmbessern‘. Die Preisfrage ist nur, ob die Zielsetzung, das „Wofür?“ der Prozesse, mit der diese einmal entwickelt wurden, noch existiert.
Übrigens: Wohin die Frage nach dem „Warum“ führt und welche Zielrichtung Führungskräfte mit der Frage nach dem „Wofür“ einschlagen, dazu ein kleiner Lesetipp: https://www.loquenz.de/wissen-was-seine-arbeit-bewirkt/.
Die Evolution des „Wofür?“
Häufig beobachten wir in unserer Beratung, dass sich das „Wofür?“ einer Prozesskette im Laufe der Zeit verschoben hat. Dann kann die Situation entstehen, dass in einem Abschnitt der Prozesskette/in einem Team, alle Abläufe an dem ursprünglichen „Wofür?“ ausgerichtet sind. D.h. die Prozessqualität ist stabil und das Team wundert sich, dass vom nachfolgenden Team der Prozesskette immer wieder Prozessmängel angemeldet werden und die Kolleginnen und Kollegen nicht richtig zufrieden mit der Vorarbeit zu sein scheinen.
Häufig kann man diese Unzufriedenheit nachvollziehen, wenn transparent wird, dass sich das „Wofür?“ des Prozessablaufes im nachfolgenden Abschnitt etwas verschoben hat. Sei es durch eine zusätzliche oder leicht veränderte Kundenanforderung, sei es durch neue Priorisierungen im eigenen Unternehmen. Sobald diese „Evolution des Wofür?“ im vorgeschalteten Prozessabschnitt deutlich wird, lassen sich solche Irritationen in der Regel leicht beheben. Schade nur, dass das häufig erst in der Anfrage nach einem Konfliktworkshop zwischen zwei benachbarten Teams als Thema auftaucht.
Frühjahrsputz – auch in der Prozesskette
Dass sich das „Wofür?“ des betrieblichen Outputs immer wieder verändert, ist ein natürlicher Effekt, wenn z.B. Kundenfeedbacks ernst genommen werden. Idealerweise sollte, sobald sich das „Wofür?“ modifiziert, die gesamte Prozesskette bis an den Start durchgegangen werden, um die Optimierungsmöglichkeiten zu entdecken, die diese Veränderung erfordert. Leider ist das häufig unrealistisch. Unsere Erfahrung in der Beratung von Teams, wie sie leichtgängiger und effektiver, kurz Lean arbeiten können: Der Frühjahrsputz!
Mindestens ein Mal im Jahr, nehmen wir uns unsere Prozessketten vor. Manche Teams lieben auch noch einen Herbstputz, doch für den Einstieg ist das ‚1x pro Jahr‘ voll ausreichend.
Dabei nehmen sich die Teams u.a. folgende Fragestellungen vor:
- An welchen Prozessschritten sind in der letzten Zeit immer wieder Unregelmäßigkeiten, kleine oder größere ‚Holperer‘ oder richtige Qualitätsprobleme aufgetaucht?
- Wo fielen immer wieder ‚Nacharbeiten‘ an?
- Welche übergeordnete Zielsetzung ist mit dieser Prozesskette verbunden (das „Wofür?“) und stimmt unsere Annahme über diese Zielsetzung noch?
- Wie hoch ist die Zufriedenheit im vorgelagerten und nachgelagerten Teil unserer Prozesskette? Kurze Workshops mit diesen Kolleginnen und Kollegen bringen leichtgängig und schnell Klarheit.
Wichtig bei diesen Fragestellungen ist, dass es nicht darum geht, Fehler anzuprangern, sondern eher die „Schätze der Verschwendung“ zu entdecken und zu optimieren. Dieses Framing macht es allen Beteiligten leicht, diese Punkte mit der entsprechenden Offenheit anzugehen. Es kann dann eher eine Atmosphäre im Team entstehen, in der sich alle den „Schätzen der Verschwendung“ widmen (https://www.loquenz.de/immobilienverwaltung-lean-administration).
Unsere Erfahrung dabei – wie auch im Frühjahrsputz zuhause: Man entdeckt immer etwas, das wegkann, das überflüssig ist oder das man eleganter machen könnte. Und man lernt die Dinge wertzuschätzen, die einfach laufen.
Nach dem Frühjahrsputz die Digitalisierung
Nach erfolgtem Frühjahrsputz ist die Prozesskette sozusagen bereit für die Digitalisierung. Ob ich die Prozesskette mit klassischem Prozessmapping aufnehme oder lieber andere Formen der Prozessdokumentation wähle, damit ich diese in die digitale Welt übertragen kann, das entscheiden die konkreten Gegebenheiten vor Ort.
Lean Management konkret
Für alle, die neugierig auf die Frage sind, welche Tools & Tipps der Einsatz von Lean Management an die Hand geben kann, um leichter, effektiver sowie effizienter Arbeiten zu können, dem empfehle ich den Lean-Workshop meiner Kollegin Kerstin Rieso vom 3.-4.2025 in der Thomas-Morus-Akademie in Bensberg