Meetings bestehen nicht nur aus der Tagesordnung
Wir kennen die Situation aus vielen Besprechungen. Das Meeting startet, der/die Einladende stellt kurz die geplante Tagesordnung vor, eventuell werden noch einzelne Besprechungspunkte ergänzt und noch ein Kaffee bzw. Tee geholt und schon ist das Team mitten in der Diskussion zum ersten Tagesordnungspunkt.
Während manche rege am Austausch und der Diskussion teilnehmen, wirken andere eher genervt oder riskieren immer ´mal wieder einen Blick auf ihr Smartphone… Anfangs unbemerkt, doch mit der Zeit immer expliziter steigt die Spannung. Das Miteinander-Sprechen wird weniger – bis jemand den unterschiedlichen Grad der Aufmerksamkeit thematisiert.
Störungen haben Vorrang
Meetingleiter*innen erinnern sich in einer solchen Situation hoffentlich an das Postulat aus der Themenzentrierten Interaktion „Störungen haben Vorrang!“. „Das Postulat, dass Störungen und leidenschaftliche Gefühle den Vorrang haben, bedeutet, dass wir die Wirklichkeit des Menschen anerkennen; und diese enthält die Tatsache, dass unsere lebendigen, gefühlsbewegten Körper und Seelen Träger unserer Gedanken und Handlungen sind.“ (Wikipedia). Das Postulat möchte Gruppenmitglieder ermutigen, bestehende Störungen direkt und verbal zu thematisieren. Störungen sollen sich also „den Vorrang nehmen“.
Zur Überraschung der Meetingteilnehmer*innen kommen dann plötzlich Themen auf den Tisch, die neben den geplanten Agendapunkten für die einzelnen Teilnehmer*innen auch relevant sind. Sei es aus dem beruflichen Kontext: Der Entscheidungstermin für einen Auftrag beim Kunden ist überfällig und das Team wartet auf das Feedback. Oder es liegt eine technische Störung vor, von der unklar ist, ob sie rasch vollständig beseitigt werden kann…. Es können aber auch Themen aus dem privaten Umfeld sein. Z.B. stellt sich heraus, dass ein Kind krank ist und die Betreuung zu Hause für diesen Tag noch nicht vollständig geklärt ist. Oder die Oma ist gestürzt und es ist unklar, was noch alles zu organisieren ist…
Nachdem diesen Themen entsprechend Raum gegeben wurde, entspannt sich die Atmosphäre in aller Regel, und das Meeting verläuft deutlich produktiver. Oder die Störung ist für einzelne Teilnehmer*innen so dominant, dass sie die Teilnahme am Meeting stornieren oder das Meeting unterbrochen wird, bis die Präsenz wieder möglich ist. Hier sind den Meetingteilnehmer*innen keine Grenzen gesetzt, wie mit solchen Situationen produktiv umgegangen werden kann.
Check-Inn für erfolgreiche Meetings
Eine gute Möglichkeit, mit solchen Störungen im Sinne der TZI präventiv umzugehen, stellt eine kurzes Check-Inn zu Besprechungsbeginn dar. Die Grundidee dabei: Wenn alle Teilnehmer*innen voneinander wissen, in welcher Verfassung sie am Meeting teilnehmen, ist der Umgang mit eventuellen Störungen leichtgängiger möglich. Hier bieten sich sogenannte Ice-Breaker Fragen zu Besprechungsbeginn an:
- Was war in den letzten Tagen Dein schönstes Erlebnis?
- Was beschäftigt Dich gerade besonders?
- Welches Lieblingstier, Lieblingsfabel, Lieblingsgestalt ist Dir gerade präsent?
- …
Welche Art und Weise der Fragestellungen im eigenen Firmenkontext passen, stellt sich in der Regel rasch heraus. Wichtig ist, dass es zu Beginn des Meetings eine Möglichkeit gibt, nicht nur die Sachebene, sondern auch die emotionale Ebene anzusprechen. Immer in dem Bewusstsein, dass die Teilnehmer*innen nicht nur aus Sachinformationen bestehen, sondern Mitarbeiter*innen mit persönlichem Kontext, einer eigenen Geschichte und persönlichem Hintergrund sind, der, neben dem Fachwissen, ebenfalls einen entscheidenden Einfluss auf die Leistungsfähigkeit hat.
Um die Suche nach Einstiegsfragen zu erleichtern, hat mich meine Kollegin Kerstin Rieso auf den Check-In-Generator hingewiesen. Vielleicht eine gute Möglichkeit, den Check-In in die Besprechungsroutine zu integrieren? Und natürlich kann man ihn auch für den Check-Out am Besprechungsende nutzen. Ich bin auf die Erfahrungen gespannt!
PS: Wer sich für weitere Tipps für gute Besprechungen interessiert: „Besprechungen leicht gemacht„.