SMARTe Ziele – ein bewährter Klassiker
SMARTe Ziele sind den meisten Führungskräften vertraut. Werden Ziele spezifisch, messbar, achievable (erreichbar), reasonable (angemessen) und terminiert formuliert, entsteht die für eine wirksame Zusammenarbeit am Arbeitsplatz notwendige Transparenz.
Immer wieder wird kritisiert, dass SMARTe Ziele vor allem kognitiv formuliert sind. Steht stärker die individuelle Motivation im Vordergrund, lohnt es sich, die Zielsetzung z. B. um Motto-Ziele, die stärker die Haltung adressieren, in den Blick zu nehmen (siehe Blogbeitrag Motto-Ziele versus SMARTE Ziele).
Scheitert die Zielerreichung regelmäßig an der konkreten Umsetzung, kann das Mentale Kontrastieren als Methode der Wahl dienen (siehe Blogbeitrag Zielerreichung & mentales Kontrastieren).
SAVE-Ziele – ein neuer Ansatz
Unter der Überschrift „Sei nicht zu SMART, sondern SAVE deine Ziele – Vorschlag für eine erneuerte Zielsetzungsformel für die Generation Y“ bin ich auf eine Studie gestoßen, die den motivationalen Bedürfnissen der Generation Y gerecht werden möchte und die SAVE-Formel zur Zielformulierung vorschlägt.
SAVE steht für Specific, Attainable, Valuable, Elevated – also spezifisch, erreichbar, wertvoll und herausfordernd.
Warum reicht SMART nicht aus?
Die Studie kritisiert, dass die SMART-Formel kognitiv geprägt ist und emotionale sowie motivationale Aspekte vernachlässigt.
In der SMART-Formulierung fehlen emotionale und motivationale Faktoren wie Sinnhaftigkeit, Herausforderung oder persönliche Relevanz. Zudem zeigen neurowissenschaftliche Erkenntnisse, dass Innovation und Motivation deutlich stärker durch emotionale als durch rein rationale Prozesse gefördert werden.
Hinzu kommt: Die SMART-Formulierung erreicht die motivationalen Bedürfnisse der Generation Y oft nicht mehr. In vielen Vorstellungsgesprächen erleben Arbeitgeber, wie stark diese Generation (und die Nachfolgenden) Wert auf sinnvolle Arbeit, Feedback, Entwicklungsmöglichkeiten und Work-Life-Balance legt. Sie bevorzugen Ziele, die mit ihren Werten übereinstimmen und als erreichbar gelten.
Folgt man dieser These, dann haben Führungskräfte die Aufgabe, diese Bedürfnisse zu berücksichtigen und unterstützend zu agieren.
SAVE – Die neue Zielsetzungsformel
S – Specific (Spezifisch)
Klare, messbare Ziele sind notwendig, um Leistung zu bewerten und Verantwortlichkeit zu schaffen. Klare Leistungsanforderungen fördern gezielte Anstrengung. Bleiben Zielformulierungen vage, wie z. B. „Gib dein Bestes“, führt dies zu einer geringeren Leistung der Mitarbeitenden.
A – Attainable (Erreichbar)
Ziele müssen realistisch und erreichbar sein, um Motivation zu fördern. Die vom Mitarbeitenden wahrgenommene Selbstwirksamkeit (Glaube an die eigene Fähigkeit) ist entscheidend, um das individuelle Engagement in Richtung Zielerreichung zu lenken. Deshalb sollten Führungskräfte Ressourcen und Kompetenzen der Mitarbeitenden im offenen Gespräch thematisieren – und ihr Vertrauen ausdrücklich auf genau diese Ressourcen und Kompetenzen aussprechen.
V – Valuable (Wertvoll)
Ziele müssen als sinnvoll und bedeutungsvoll empfunden werden – auf persönlicher (z. B. Entwicklung, Anerkennung), organisatorischer (z. B. Beitrag zum Unternehmenserfolg) und gesellschaftlicher Ebene (z. B. Nachhaltigkeit, soziale Wirkung). Der wahrgenommene Wert eines Ziels beeinflusst die Anstrengungsbereitschaft und Zielbindung der Mitarbeitenden. Es lohnt sich also, gemeinsam mit dem Mitarbeitenden die Passung zwischen persönlichen und betrieblichen Zielen aktiv zu suchen und möglichst weitgehend herzustellen. Motivation entsteht, wenn Mitarbeitende spüren, dass ihre Arbeit etwas bewirkt.
E – Elevated (Herausfordernd)
Wahrscheinlich kennen es viele aus persönlicher Erfahrung: Anspruchsvolle Ziele steigern die individuelle Motivation und Leistung. Und: Menschen mit hoher Selbstwirksamkeit setzen sich höhere Ziele. Ziele sollten deshalb so formuliert sein, dass sie herausfordernd, zugleich aber erreichbar sind. So kann beim Mitarbeitenden das Gefühl von Fortschritt und Zufriedenheit entstehen.
SAVE in der Praxis – Der Zielsetzungsprozess
Der Studienautor Christoph Desjardins, inzwischen Professor für Allgemeine BWL, insbesondere Human Resource Management and Leadership an der Frankfurt University of Applied Sciences, schlägt eine neue Reihenfolge für die Anwendung der SAVE-Elemente vor, um die Motivation zu maximieren:
- Wert definieren (Valuable)
Beginne mit dem „Warum“: Warum ist das Ziel wichtig? Was bewirkt es für Organisation, Gesellschaft und Individuum?
Vielen Führungskräften ist dieser Punkt wahrscheinlich bereits durch Stephen Covey bekannt, der in seinem Buch „Die 7 Wege zur Effektivität“ das Konzept des Circle of Influence vorstellt (siehe Blogbeitrag Circle of Influence wirksame Führung). - Herausforderung identifizieren (Elevated)
Was macht das Ziel anspruchsvoll? Welche Kompetenzen sind gefragt? Was motiviert die Person?
Im Konzept des Job Craftings tauchen ähnliche Fragestellungen im Gespräch mit Mitarbeitenden auf (siehe Blogbeitrag Job Crafting fördert Leistung und Zufriedenheit). - Spezifische Kriterien festlegen (Specific)
Welche KPIs gelten? Wie wird Erfolg gemessen? Diese sollten gemeinsam mit dem Mitarbeitenden definiert werden.
Dieser Punkt deckt sich mit der Formulierung von SMARTen Zielen. - Erreichbarkeit klären (Attainable)
Welche Ressourcen und Fähigkeiten sind vorhanden? Führungskräfte sollten aktiv Vertrauen aussprechen und gezielt Unterstützung anbieten.
Martin E. Seligman beschreibt in seinem PERMA-Modell, wie das Nutzen von Stärken und die Möglichkeit, diese im Arbeitsalltag einzubringen, die individuelle Lebenszufriedenheit steigert (siehe Blogbeitrag Das PERMA-Modell: E wie Engagement).
Fazit für Führungskräfte
Desjardins zieht in seiner Studie das Fazit, dass die SMART-Formel zwar ihre Berechtigung hat, aber nicht mehr zeitgemäß ist, um die Anforderungen moderner, agiler Organisationen und der Generation Y zu erfüllen.
Die SAVE-Formel bietet eine motivierende, wissenschaftlich fundierte Alternative, die sowohl die emotionale als auch die kognitive Seite der Zielsetzung berücksichtigt.
Führungskräfte, die SAVE anwenden, schaffen nicht nur klarere Ziele, sondern auch mehr Sinn, Motivation und Leistungsbereitschaft bei ihren Mitarbeitenden. Zudem basiert SAVE auf etablierten Motivationstheorien (z. B. Vroom, Bandura, Frankl) und neurowissenschaftlichen Erkenntnissen zur Zielverfolgung.
Für alle, die sich intensiver mit dieser Studie beschäftigen möchten:
Desjardins, Christoph, 2021. „Don’t be too SMART, but SAVE your goals: Proposal for a renewed goal-setting formula for Generation Y,“ Journal of Applied Leadership and Management, Hochschule Kempten – University of Applied Sciences, Professional School of Business & Technology, vol. 9, pages 73–87.