Mir sind dabei sofort Führungskräfte durch den Kopf gegangen. Auch hier tauchen in der Reflexion ihrer Kernaufgaben immer wieder Fragestellungen auf, wie „Wieviel Fachexpertise ist erforderlich? Wie stark sollte ich auf fachliche Spezifika die entscheidenden Antworten geben können?“ Oder ob sie nicht eher die Aufgabe haben, die Mitarbeiter/-innen dabei zu begleiten, die passenden Lösungen für ihre Fachaufgaben zu erarbeiten? Stichwort ist hier „Die Führungskraft als Coach“.
Zeitinvestitionen für Führungskräfte in Fachexpertise und coachende Führungstechniken halten sich häufig die Waage
Aufgrund meiner Führungs- und Beratungserfahrung habe ich gelernt, dass die Rolle des Fachexperten vielen Führungskräften leicht fällt. Deshalb hat in der Regel die Beförderung zur Führungskraft stattgefunden. Durch die Berufserfahrung fällt es leicht, die Rolle der Fachexpertise gegenüber jüngeren Mitarbeitern/-innen einzunehmen.
Bei berufserfahrenen Mitarbeitern/-innen im Team sieht es schon ganz anders aus. Hier gelingt es mir als Führungskraft kaum noch, in der Fachexpertise wirklich vorne zu liegen. Warum? Meine Mitarbeiter/-innen haben schlichtweg wesentlich mehr Zeit, sich fachlich auf dem Laufenden zu halten oder weiterzuentwickeln, während ich als Führungskraft u.a. mit Koordinationsaufgaben beschäftigt bin.
Fast ist man geneigt zu schließen: Meine Überlebensstrategie als Führungskraft darf nicht darin bestehen, die richtigen Antworten zu wissen, sondern mein Team bzw. meine Mitarbeiter/-innen zum Erarbeiten von richtigen Antworten zu führen…
Die Führungskraft als Manager, Leader und Coach
Im Rahmen unseres Führungskräfteentwicklungsprogrammes „Leadership 4.0 / Wagnis Führung“ wurde es uns in der Vorbereitung noch deutlicher vor Augen geführt. Sobald mit der Digitalisierung Industrie 4.0 in meinem Verantwortungsbereich zum Thema wird, habe ich kaum noch eine Chance als Führungskraft meinen Mitarbeitern fachlich überlegen zu sein – und es würde auch keinen Sinn machen! Hier geht es gerade darum, dass ich meine Mitarbeiter ermächtige, ihre Kompetenzen möglichst direkt und ohne unnötige, z.T. bremsende Abstimmungsschleifen in die Arbeit einzubringen.
Dabei hilft mir persönlich die Orientierung an drei Rollen, die ich als Führungskraft einnehmen können sollte:
- Manager (Zielsetzung, Planung, Organisation, Delegation, Analyse und Kontrolle – unter Anwendung des passenden Führungstils)
- Leader (Peronalführung, Visionär, Strategie,… – Mitarbeiter motivieren und inspirieren)
- Coach (Beratung und Begleitung von Mitarbeitern in beruflichen Entwicklungsprozessen und Förderung der Selbstlösungskompetenz)
Fazit
Sollte ich das Gefühl haben, mich zu sehr in die Fachexpertenrolle zu begeben, hilft mir ein provokantes Zitat von Steve de Shazer, das er einmal bei einem Workshop in Tübingen zur Rolle des Lösungsfokussierten Prozessbegleiters fallen gelassen hat: „Wenn ich eine Idee für den Klienten habe, was für ihn genau das Richtige sein sollte, setze ich mich still in eine Ecke und warte bis der Anfall vorbei ist“. In diesem Sinne: Mut die Fachexpertise bei den Mitarbeitern/-innen wachsen zu lassen und diesen Lernprozess als Führungskraft zu begleiten!