Manchmal ist schlichtes Zuhören ein Schlüssel zum Erfolg
In vielen Betrieben finden sich in den Besprechungsräumen kleine Tischaufsteller mit Verhaltenshinweisen für produktive Besprechungen. Manchmal in Form von Fragen:
- Ist das Besprechungsziel geklärt?
- Was verbessert sich für unser Produkt/unsere Wertschöpfung?
- Was trage ich zur Problemlösung bei?
Oder Beschreibungen:
- Gegenseitig ausreden lassen.
- Das Besprechungsziel im Auge behalten.
- Das Ergebnisprotokoll sicherstellen.
Beobachtungen bei einer Teambesprechung
In einer Teambesprechung letztens, zu der ich als Berater eingeladen war, ging es hoch her. Alle Mitarbeiter/-innen waren engagiert und emotionalisiert in der Diskussion und wollten das bestehende Problem rasch lösen. Zu beobachten war, dass immer wieder parallel gesprochen wurde und Lösungsbeiträge dadurch nicht wahrgenommen werden konnten. Häufig wurden eingeworfene Diskussionsbeiträge im Stile von „ja, aber…“ formuliert, obwohl die Idee von der Kollegin noch nicht vollständig ausformuliert war. Meinem Hinweis, dass es sich bewähren könnte, das Gegenüber zuerst vollständig ausreden zu lassen, bevor man selbst das Wort ergreift, wurde zugestimmt. Die Konsequenz: Alle setzten diesen Hinweis fast mustergültig um und zwangen sich selbst, einander nicht ins Wort zu fallen. Aktives Zuhören klappte – doch sobald jemand zu Ende gesprochen hatte, wurde die nächste Wortmeldung mit „ja, aber…“ eingeleitet. Das Ergebnis: es wurde weiterhin keine Verständigung über die Problemlösestrategie erreicht.
Neue Erkenntnis und Lösungsansatz
Eine Veränderung ergab sich erst, als wir die kontroverse Diskussion kurz unterbrochen hatten, um auf die Metaebene der Kommunikation zu wechseln. Hilfreich war dazu die Impulsfrage: „Wie sprechen wir gerade miteinander?“ Darauf wurde für alle rasch klar, dass es eher eine Diskussion im Stil des Austausches von Argumenten und weniger um eine Diskussion im Stil des gemeinsamen Erarbeitens von Lösungsansätzen war. Innerlich hatten sich alle v.a. darauf konzentriert, den richtigen Zeitpunkt des eigenen Diskussionsbeitrages abzupassen. Dadurch stand wenig Prozesskapazität zur Verfügung, um den Vorredner nicht nur zu hören, sondern wirklich zu verstehen. Einstimmig konnten wir erarbeiten, dass es wesentlich zielführender sei, nach einem Wortbeitrag eine kurze Verschnaufpause zu lassen, anschließend sicherzustellen, dass ich den Beitrag wirklich verstanden hatte und erst dann meinen eigenen Beitrag in Verbindung mit der Aussage des Vorgängers zu formulieren.
Mehr Pausen helfen schneller voranzukommen
Die häufigen kleinen Pausen halfen dem Team, stärker das Thema als Ganzes im Blick zu behalten und weniger stark von der eigenen Idee dominiert zu sein (vgl. Pausen helfen tatsächlich). Nachdem diese Einsicht als Mindset im Team gereift war, hatten wir tatsächlich einen Verhaltenshinweis verabredet: „Mein Gegenüber ausreden lassen und erst einmal Zuhören“.
Nicht die Regel entscheidet, sondern die Diskussion und Reflexion über den Sinn einer Regel – dann ist Ausformulierung einer Regel die Erinnerung an das „wofür“ einer Regel.
Entscheidend für den anschließenden Erfolg war nicht die exakte Ausformulierung dieser Regel, sondern vielmehr das gemeinsame Ringen um die Fragestellung, wie wir rascher zum Ziel kommen, auch wenn ich selbst unter Zeitdruck stehe. Mich hat das Ganze an den Untertitel eines Zeitmanagementbuches von Lothar J. Seiwert erinnert: „Wenn Du es eilig hast, gehe langsam„. D.h. gerade wenn der Zeitdruck hoch ist, lohnen sich die Unterbrechungen, um die sich immer wieder auf das gemeinsame Ziel auszurichten.
Auf produktive Pausen und besseres Zuhören!