Teamkonflikte, Ambiguität oder chinesische Fabeln sind klassische Dauerthemen unter den Mitarbeitern. Ein Beispiel: Jemand hat unter Zeitdruck ohne explizite Rücksprache gehandelt, die Kollegin findet das unmöglich, die Teamleiterin versucht zu vermitteln. Es entsteht eine hitzige Diskussion über die richtige Interpretation des erlebten. Im Rahmen eines Erfahrungsaustausches zum Thema Führung reflektieren wir diesen Fall.
Mit Ambiguität umzugehen ist Führungsalltag
Da es um die Konsequenzen der VUCA-Welt auf Führung geht, wird deutlich, dass Ambiguität (Mehrdeutigkeit) maßgeblich durch den Bezugsrahmen, in dem ich die Information wahrnehme, deutlich wird. Woraus sich die Führungsaufgabe ergibt, den Bezugsrahmen für meine Mitarbeiter/-innen immer wieder zu verdeutlichen. Dies geht in der Regel durch eine Rückbesinnung auf die Teamziele und erhoffte Wirkungen der Tätigkeiten; doch verblassen die Inhalte solcher Diskussionen erfahrungsgemäß schnell. Wie kann ich als Führungskraft die Nachhaltigkeit der Reflexion unterstützen? Ein Vorschlag aus der Runde: Storytelling.
In diesem Zusammenhang erinnere ich mich an eine chinesische Geschichte, die ich vor Jahren beim Thema Reframing kennengelernt habe. Beim Reframing geht es um das Umdeuten einer Situation indem man versucht, die Situation in einem anderen Kontext erfahrbar werden zu lassen. Die MiniMax-Interventionen bauen zum Teil auf diesem Prinzip auf. Doch hier die Geschichte:
Glück oder Unglück – der Kontext entscheidet
Eine chinesische Geschichte erzählt von einem alten Bauern, der ein altes Pferd für die Feldarbeit hatte. Eines Tages entfloh das Pferd in die Berge, und als alle Nachbarn des Bauern sein Pech bedauerten, antwortete der Bauer:„Pech? Glück? Wer weiß?“
Eine Woche später kehrte das Pferd mit einer Herde Wildpferde aus den Bergen zurück, und diesmal gratulierten die Nachbarn dem Bauern wegen seines Glücks.
Seine Antwort hieß: „Glück? Pech? Wer weiß?“
Als der Sohn des Bauern versuchte, eines der Wildpferde zu zähmen, fiel er vom Rücken des Pferdes und brach sich ein Bein. Jeder hielt das für ein großes Pech.
Nicht jedoch der Bauer, der nur sagte: „Pech? Glück? Wer weiß?“
Ein paar Wochen später marschierte die Armee ins Dorf und zog jeden tauglichen jungen Mann ein, den sie finden konnte. Als sie den Bauernsohn mit seinem gebrochenen Bein sahen, ließen sie ihn zurück. War das nun Glück? Pech? Wer weiß?
Ich werde die Antwort „Pech? Glück? Wer weiß?“ bei der nächsten Gelegenheit, die sich bei einer schnellen Bewertung durch andere bietet, ausprobieren.